Das kommt auch
: AfD-TV im Quotentief

Dass Öffentlichkeit nicht scheuen darf, wen es in die Politik zieht, zumindest die demokratische: Das ist das Sprachholz, aus dem Politiktreibende so ihre Bonmots schnitzen. Heutzutage heißt das auch, dass in vielen Plenarsälen Kameras dabei sind, wenn Parlamentarier*innen wirken. So gab auch der niedersächsische Landtag in dieser Woche zur Auskunft, Film- und Tonaufnahmen seien im Prinzip zulässig, abgesehen von Ausschüssen und Unterausschüssen. Das Haus bietet ja selbst ein „Plenar-TV“ an, also Sitzungsstreams und -Aufzeichnungen.

Wenn sich am kommenden Mittwoch das Landtagspräsidium mit Kameras im Sitzungssaal befasst, liegt das an der AfD: Die hat in dieser Woche selbst gefilmt – eine Premiere, ließ die Landtagsverwaltung verlauten, weshalb es dafür auch noch keine rechtliche Regelung gebe. „Es geht darum, aufzuarbeiten, was aufgenommen worden ist, was mit dem Material passiert ist und darum, eine Verständigung der Fraktionen herbeizuführen, wie man damit umgeht“, so ein Landtagssprecher.

Wie so vieles bei den Rechtspopulisten, gingen ihre Dreharbeiten nicht ohne ein gehöriges Maß an Unterstellung vonstatten: Man wolle für Transparenz und Kontext sorgen, hieß es, so als drohe in dieser Hinsicht Gefahr. „Offenbar“, so verrenkte sich dann Fraktionschefin Dana Guth, „soll das, was öffentlich am Rednerpult von sich gegeben wird, nur so lange öffentlich sein, wie es von wohlgesonnenen Rezipienten zunächst gefiltert und dann verbreitet wird.“

Nun dürfte Filtern und Verbreiten aber gerade sein, was die AfD vorhat – warum sonst, braucht sie eigene Kameras? „Filmaufnahmen von Abgeordneten anderer Fraktionen werden aus dem Zusammenhang gerissen und in AfD-Videos eingefügt“, schrieb die Grünen-Abgeordnete Anja Piel am Freitag. „So entstehen Filme, mit denen die AfD versucht, Debatten neu zu inszenieren.“ Auch der CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer äußerte, es sei ja nun nicht die AfD dafür zuständig, die Aufgabe der Medien zu übernehmen. Richtig genervt war von den AfD-Aufzeichnungen die SPD-Fraktion: Sie fühlte sich beobachtet. „Ich habe kein Problem damit, wenn jemand mit dem Handy einen Kollegen aufnimmt“, so die Abgeordnete Doris Schröder-Köpf gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen, „aber das hier scheint doch etwas anderes.“

Ob am Ende eine neue Saalordnung kommen muss oder ob der sogenannte gesunde Menschenverstand – wenn nicht die Persönlichkeitsrechte der Parlamentarier*innen – als Leitplanke reicht? Die AfD will ihre Aufnahmen bis zu einer Klärung nicht verwenden. Alexander Diehl