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Online-Petition gegen TotschlagfallenFalle zu, Fuchs in Not

In Norddeutschland dürfen sogenannten Totschlagfallen eingesetzt werden. In anderen Bundesländern sind sie bereits verboten.

Fuchs in Totschlagfalle: Die Organisation Peta will, dass so etwas nicht mehr vorkommen kann Foto: Peta

Hamburg taz | In Norddeutschlands Wäldern leben vor allem Füchse gefährlich. Hier stehen Fallen, die zuschnellen und Pfoten, Schwänze und Gesichter zerquetschen können. In Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und im Saarland sind diese sogenannten Totschlagfallen verboten. In Berlin ist dieses Verbot beispielsweise bereits im Landesjagdgesetz von 2006 vermerkt – aus tierschutzrechtlichen Gründen, sagt Derk Ehlert, der Wildtierbeauftragte Berlins. In Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist die Jagd auf Wildtiere mit diesen Fallen aber noch immer erlaubt.

Totschlagfallen – auch Fangeisen genannt – werden eigentlich von Jäger*innen eingesetzt, um das Tier umgehend zu töten. Sie dürfen nur an bestimmten Orten mit bestimmten Ködern aufgestellt werden, um möglichst nur jene Tiere anzulocken, die auch getötet werden sollen. Zum Beispiel Füchse. „Wenn Totfanggeräte korrekt im Fang aufgestellt werden, töten sie schnell und zuverlässig“, sagt Astrid Tutor, Jagdrefentin beim Deutschen Jagdverband.

Die Jagdverbände im Norden halten genau diese Fallen für notwendig, um die Fuchspopulation zum Schutze des Menschen und seiner Haustiere zu regulieren. Denn Hunde könnten sich beim Fuchs mit Räude oder Staupe anstecken. Außerdem müssten die Räuber-Beute-Beziehungen in Schutzgebieten ausgewogen gehalten werden. „Weiter erfordern die invasiven Arten eine Bejagungsmöglichkeit mit diesen Fallen“, sagt Marcus Henke, Vizepräsident des Vereins Landesjägerschaft Bremen. Invasive Arten, wie der Fuchs. Andernfalls könnten seltene Arten verloren gehen.

Die Tierrechtsorganisation Peta hat nun eine Online-Petition gestartet, mit dem Ziel, die Totschlagfallen verbieten zu lassen. Sie berufen sich darin unter anderem auf § 17 des Tierschutzgesetzes. Danach ist es verboten, ein Tier ohne vernünftigen Grund zu töten oder ihm Leid zuzufügen. Genau das geschehe aber bei der Jagd mit den Totschlagfallen. Mehr als 52.000 Menschen haben diese Petition bereits unterzeichnet. Diese recht große Resonanz auf eine Online-Petition passt zu den Ergebnissen einer aktuellen Forsa-Umfrage. Demnach finden 70 Prozent der 1.064 Befragten, dass diese Fallen verboten werden sollten.

Tiere geraten oftmals mit den Pfoten oder ihrem Gesicht in die Falle und werden grausam zerquetscht oder verstümmelt

Jens Vogt, Peta

Die Totschlagfallen müssen laut dem Deutschen Jagdverband mindestens einmal täglich kontrolliert werden. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein kontrollieren die Jäger*innen ihre Fallen zweimal täglich. Zudem gibt es ein digitales Meldesystem, das den Jäger bei Auslösung der Falle informiert.

„Wildtiere, aber auch Hunde und Katzen, geraten aufgrund von ausgelegten Ködern oder Lockstoffen oftmals mit den Pfoten oder ihrem Gesicht in die Falle und werden grausam zerquetscht oder verstümmelt“, sagt hingegen Jens Vogt, Aktionskoordinator bei Peta. Er kritisiert den „schmerzhaften Todeskampf“ der Tiere, die verletzt in den Fallen hängenbleiben.

Alexandra Schönfeld, Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, bestätigt, dass vereinzelt auch Hunde oder Katzen in Totschlagfallen verletzt oder getötet wurden. Einzelfälle seien bekannt, behördlich gelistet werden sie allerdings nicht, sagt Schönfeld. In Schleswig-Holstein und Hamburg seien solche Fälle laut den Sprechern der zuständigen Behörden hingegen nicht bekannt.

Insgesamt wird allerdings nur ein kleiner Teil der Jagd mit Totschlagfallen betrieben. In Bremen werden laut Marcus Henke von der Landesjägerschaft fast ausschließlich Lebendfallen eingesetzt. Und in Schleswig-Holstein betrage der Anteil der Totschlagfallen nur 10 bis 15 Prozent der Fangjagd, sagt Joschka Touré, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums Schleswig-Holstein.

Den Tierrechtsaktivist*innen von Peta ist das immer noch zu viel. Die Online-Petition für ein Verbot der Totschlagfallen begründen sie auch damit, „dass die Jagd auf Füchse unnötig ist und sich vielmehr kontraproduktiv auswirkt“. Die Jagd zerstöre stabile Sozialstrukturen. Die Füchse hätten deshalb nur unbeständige Paarbindung und darum steige die Geburtenrate. Fuchspopulationen regulierten sich ohne Jagd aufgrund von Nahrungsverfügbarkeit und Sozialgefüge sonst ganz von selbst.

Mahnwachen gegen Fuchsjagd

Das bestätigt auch Derk Ehlert. In Berlin zeige sich, dass sich die Populationsdichte der Füchse auch ohne Jagd einpendelt: Der Bestand von Bodenbrütern und Niederwild sei seit dem Verbot der Totschlagfallen nicht geschrumpft. In der Hauptstadt sind Füchse überall in der Stadt verteilt anzutreffen, je nach Stadtteil doppelt bis fünffach häufiger als in der Wildnis, wie etwa im Wald. Dazu können Schleswig-Holstein und Niedersachsen keine Aussage treffen, da die Populationsentwicklung nicht erhoben wird.

„Durch die Tollwutimmunisierung in den 80er-Jahren hat sich der Bestand der Füchse in Deutschland verdoppelt bis verdreifacht“, sagt Marcus Henke von der Landesjägerschaft Bremen. Damit Deutschland ein tollwutfreies Gebiet bleibt, dürften keine Schutzzonen für den Fuchs errichtet werden. Tollwut kann durch den Hund auf den Mensch übertragen werden. Laut Ehlert dagegen geht von Tollwut dagegen keine Gefahr mehr aus, in Berlin gebe es auch ohne die Totschlagfallen keine Probleme.

Neben der Online-Petition für das Verbot der Fangeisen ruft Peta zu Mahnwachen gegen die Fuchsjagd auf und verschickt kostenlose Demo-Pakete. Konkrete weitere Termine gibt es im Norden bislang aber nicht.

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