Nichts ist besser als die Realität

Das Auswandererhaus Bremerhaven hat in einem Ausstellungsexperiment untersucht, wie „Virtual Reality“ im Gegensatz zu klassischen Ausstellungsobjekten auf Museumsbesucher wirkt

„Es gibt Themen, da sprechen die Objekte für sich“

Simone Eick, Direktorin des Auswandererhauses

Was kommt besser an beim Museumsbesucher: Eine klassische Ausstellung mit echten Objekten, Dokumenten und Hörstationen? Oder doch eine virtuelle, interaktive Alternative? Ein Experiment des Deutschen Auswandererhauses Bremerhaven sollte dies klären – die Ergebnisse der Studie mit dem Motto „Berührt es mich?“ liegen jetzt vor, mit dem Ergebnis: „Virtual Reality“ (VR) ersetzt das klassische Museum nicht.

Um die Frage nach den Möglichkeiten virtueller Realität beantworten zu können, startete das Auswandererhaus das Ausstellungsexperiment „Kriegsgefangen. Ohnmacht. Sehnsucht. 1914 - 1921“. Dazu wurden mehr als 700 Museumsbesucher jeweils mit klassischen und virtuellen Präsentationsformen rund um das Schicksal eines Kriegsgefangenen aus dem Ersten Weltkrieg und seiner Hamburger Familie konfrontiert und dazu befragt.

Zum Einstieg fanden sich alle Teilnehmer im inszenierten Wohnzimmer der Hamburger Familie wieder. Nach dem Zufallsprinzip durchliefen sie dann jeweils ein rein digitales Setting und einen klassischen Ausstellungsraum.

Vor und nach dem Ausstellungsrundgang wurden sie ausführlich befragt, Expertin Katie Heidsieck wertete die Ergebnisse schließlich acht Monate lang aus. Ergebnis: Die Mehrheit der Teilnehmer bescheinigte den virtuellen Elementen einen größeren Unterhaltungswert. Aber: „Es gibt Themen, da sprechen die Objekte für sich“, sagte Museumsdirektorin Simone Eick. Originale könnten Gedanken und Gefühle historischer Personen besser vermitteln.

Auch wenn die virtuelle Realität auf die meisten Besucher unterhaltsamer als traditionelle Elemente wirkte: „Diese Ergebnisse beziehen sich nicht auf die Inhalte, sondern auf die Ausstellungserlebnisse als solche“, sagte Heidsieck. Die „inhaltsbezogenen Emotionen“ und die „nachhaltigen Lernerfahrungen“ fielen dagegen bei traditionellen Vermittlungsmethoden stärker aus.

„Wir Museumsmacher müssen genau prüfen, in welchem Kontext „Virtual Reality“ in unseren Häusern eingesetzt wird“, sagte Eick. VR-Technologien ersetzten nicht das klassische Museum mit Original-Objekten. „Wir wollen als Freizeiteinrichtung unterhaltsam sein“, betonte Eick. „VR ist ein weiteres Element, um die Leute anzusprechen.“

Die Direktorin hat auch schon eine Idee, wo die virtuelle Realität im Auswandererhaus zum Einsatz kommen könnte – nämlich beim Thema Überfahrt auf opulenten Ozeanriesen: „Da würde sich das sehr gut eignen.“ (dpa)