Bernd MüllenderEingelocht: Nicht einmal Trump wird diesen Sport kleinkriegen
„Golf ist der absurde Versuch, viel zu kleine Bälle mit ungeeignetem Werkzeug über viel zu weite Strecken in ein viel zu kleines Ziel zu …“ (Branchenweisheit)
Bislang scheint die taz noch einmal davongekommen: Die befürchtete Welle von Abokündigungen wegen dieser neuen Kolumne zum Igitt-Sport Golf ist ausgeblieben. Machen wir also unverdrossen weiter und lobpreisen eindringlich das Wandern mit Sinn, Schlägern und Ball. Dem schönsten aller Spiele ist sogar Donald Trump verfallen. Halt …, stop …, widerlich! Da haben wir es doch. Golf, der Trump-Sport. Wie kann man nur …
Zugegeben, eine Steilvorlage für alle Golfhasser. Nun kann der arme Golfball nichts dafür, wenn auch Narzissten, Psychopathen und Widerlinge auf ihn einschlagen. Können wir uns darauf einigen?
Trump bietet golferisch einiges. Ende August hat er einen Staatsbesuch in Polen abgesagt, um das Katastrophenmanagement von Hurrican „Dorian“ zu leiten – und verschwand auf die Fairways nach Potomac Falls. Die Seite trumpgolfcount.com listet sein schwungvolles Tun seit Amtsantritt auf: Er war bei bislang 218 Ausflügen 2.158 Stunden in seinen Golfresorts, spielte gesichert 152 Runden, wahrscheinlich einige mehr.
Gespielt hat Trump mit wichtigen Golffunktionären, die ihn billig feierten („Er liebt das Spiel“), dazu mit Wirtschaftsfürsten, Diplomaten und Parteispezln wie Senator Lindsay Graham. Auch mit Profis wie Rory McIlroy, Jack Nicklaus, Ernie Els, mehrfach mit Tiger Woods und Dustin Johnson sowie der US-Starspielerin Lexi Thompson. Dazu neulich die Runde mit John Daly, einst zweifacher Major-Sieger, ein spielsüchtiger, jähzorniger Alkoholiker und aufgedunsener Kasper, der Trump zu Ehren monströse Shorts im Design der US-Flagge trug. Die beiden posierend auf einem Foto: ein Stilleben des Grauens. Ja, so ekelhaft kann Golf sein.
Golfs Größe besteht auch darin, dass jeder sein eigener Schiedsrichter und Schlagzähler ist. Eine hohe Schule der Ehrlichkeit also, von Haltung und Moral. Für besondere Menschenkinder wie Trump eine schöne Chance, auch golferisch Alternative Facts zu schaffen. Man weiß, der Mann schummelt hingebungsvoll und zählt gern nach dem Motto: eine 6 spielen, 5 sagen, 4 aufschreiben. Neulich noch will er eine profihafte 73er Runde gespielt haben. Scheindement vergessene Schläge sind halt Fake Shots.
Golf ist ein unbestechliches Spiegelbild der Seele: Gucke, wie einer spielt, und ich sage dir, wie er ist: wütend nach Fehlern, selbstanklagend, Schuld suchend oder gelassen agierend wie ein puttender Buddha. Präsidial formuliert: Ein eleganter Swinger wie Obama oder ein wüster Haudrauf wie Trump. Dessen kuriose Bewunderung für Nordkoreas Nukleardiktator Kim Jong Un rührt vermutlich auch daher, dass dessen Vater einmal elf Asse auf einer Runde geschlagen haben will. Das schafft selbst Trump nicht.
Apropos Politik: Fünf Mal war Trump schon mit Shinzo Abe, Japans Premier, auf dem Platz. 2017 hat er eine Kabinettssitzung geleitet in einem seiner Golfanwesen. Jetzt will Trump den nächsten G7-Gipfel in einem seiner Resorts veranstalten. Vielleicht müssen die StaatenlenkerInnen ein paar Übungsschläge machen, ihm zu Ehren.
Golf wird die Imageattacken des US-Präsidentendarstellers vermutlich überstehen. Dafür ist das Spiel zu groß.
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