Die Wahrheit: Rauswurf mit Clown
Neues aus Neuseeland: Wenn du Spaß beim Gefeuertwerden haben willst, bring einen Pflaumenaugust zum Kündigungsgespräch mit!
A lle, die auf „Self Care“ stehen, kennen „Emotional Support Animals“ (ESA): Tiere, die man amtlich attestiert zur seelischen Unterstützung benötigt. Nicht nur Schoßhunde, sondern auch Schlangen, Lamas oder ein Schwein namens Daphne, wie im Falle einer New Yorkerin, die sich mit ihrem Mini-Zoo durch Museen und Restaurants bewegt. Wir im tiefen Süden haben einen ähnlichen Trend – aber mit Clowns.
Josh Thompson ist Werbetexter. Fünf Monate, nachdem er bei der Agentur FCB in Auckland anheuerte, bekam er eine E-Mail von oben: „Schlechte Nachricht. Wir werden ein Meeting ansetzen, um deine Rolle zu besprechen.“ Thompson war klar, was ihm bevorstand. Kündigung. Der Tiefpunkt in jedem Job. Um das Trauma zu mildern, müssen Kiwis laut Gesetz eine „Support Person“ zu solchen Gesprächen mitbringen.
Der „Ad Man“, ganz Mad Man, bewies Kreativität. Für 200 Dollar heuerte er einen professionellen Clown namens Joe an. Der heißt in Wirklichkeit Joseph Brosnahan und ist Schauspieler. Dem New Zealand Herald sagte er später, dass es keinerlei Vorbesprechung gab. Joe kam am Schicksalstag im Auto an, zog sich in der Toilette der Agentur um und begleitete Thompson in blauer Afro-Perücke, rotem Zylinder und buntem Patchwork-Kostüm nach oben.
Während der angespannten Sitzung bastelte Joe aus Luftballons lustige Tiere. Thompsons Bosse, die relativ gefasst blieben, baten den Clown ab und zu nur, bitte die quietschenden Geräusche zu unterbinden. Als sie dem frisch Gefeuerten seine Kündigungspapiere unterbreiteten, grimassierte der Support-Clown, so als ob er kurz vor dem Weinen stünde. Die Chefs verzogen nach wie vor keine Miene.
Heimliche Fotos von dem Meeting sickerten durch. Nachdem der New Zealand Herald die Clown-Nummer enthüllte, meldeten sich New York Post und BBC beim Gefeuerten. „Viel mehr gibt es darüber nicht zu erzählen“, wiegelte Thompson ab. „Alle haben es gut aufgenommen. Ich bin ja schließlich gefeuert worden, nicht die – wie schlecht soll es ihnen dabei schon gegangen sein?“
Der einzige Nachteil sei der, dass ihm gutes Bühnenmaterial flöten gegangen ist. Der Werbetexter tritt als Josh Jack nebenher als Stand-up-Comedian auf. Eigentlich wollte er die Clown-Nummer nächstes Jahr beim Auckland Comedy Festival erzählen, wenn sie nicht schon weltweit die Runde gemacht hätte. Aber arbeitslos ist er immerhin nicht mehr: Eine andere Agentur holte ihn diese Woche ins Boot.
Aucklands Pausen- und Party-Clowns erfreuen sich seitdem des Scheinwerferlichts. Einer erzählte der Presse, dass er nicht nur bei einem Heiratsantrag auf dem Kai in Devonport assistierte, sondern auch einst kreischend aus dem Aufzug an der Spitze des Sky Towers sprang, um Touristen zu erschrecken. FCB bewies ebenfalls Humor. Äußern wollte die Agentur sich nicht. Aber sie antwortete in der Betreff-Zeile mit „Coulrophobia“ (Clown-Phobie).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!