das portrait
: Vera Jourová istdie Gesandte von Tschechiens Premier Babiš in Brüssel

Foto: Olivier Hoslet/dpa

Eins ist Tschechiens alt-neuer EU-Kommissarin Vera Jourová, die als Vizepräsidentin für Grundwerte und Transparenz in Europa zuständig sein soll, besonders wichtig: Sie sei ganz ihre eigene Herrin, wird die 55-Jährige nicht müde zu betonen. Daheim in Tschechien wird sie oft dennoch vor allem als die Emissärin gesehen, die Premier Andrej Babiš ins Rennen um Macht und Einfluss in der Union nach Brüssel entsandt hat.

Denn in der ANO-Bewegung des slowakischen Oligarchen gilt Jourová als eine Mitstreiterin der ersten Stunde. Schon 2012, kurz nachdem der Milliardär Babiš mit der Gründung der ANO seine Ankündigung, in die Politik zu gehen, wahr gemacht hat, kürte er Jourová zur Vizevorsitzenden der Bewegung.

Die studierte Kulturanthropologin und Juristin aus dem Böhmisch-Mährischen Hochland gab nicht nur das sanfte Gegenstück zum harten Manager Babiš. Als Karrierebeamtin, die es bis ins Amt einer Staatsministerin geschafft hatte, pries Babiš sie in Diskussionen und auf Wahlplakaten als erfahrene Expertin, die ihn beim Regieren beraten werde. Mehr noch: In Babiš’ Narrativ vom Kreuzzug gegen Korruption und Klientelismus, als den er seinen Griff nach der Macht den WählerInnen verkaufte, war Vera Jourová seine Jeanne d’Arc, die wie Phoenix aus der Asche neben ihm marschierte.

Als Vera Jourová 2012 zu Andrej Babiš stieß, hatte sie nicht nur Erfahrung in Staatsverwaltung, Projektleitung oder mit Subventionsanträgen. Ihrem Aufstieg war ein tiefer und unverschuldeter Fall vorhergegangen, der sie bis an ihre Grenzen gebracht hatte.

Im Herbst 2006 wurde Jourová, damals Staatsministerin für Regionalentwicklung, nach der Rückkehr von einer Geschäftsreise noch auf dem Prager Flughafen von einer Antikorruptionseinheit der Polizei festgenommen. Die Polizei verdächtigte Jourová, in ihrer Funktion als Staatsbeamtin umgerechnet rund 70.000 Euro Bakschisch angenommen und als Gegenleistung dafür mit EU-Geldern getrickst zu haben. Einen Monat saß Jourová in Untersuchungshaft, bevor sich der Verdacht als unsinnig herausstellte. Zwar sollte Jourová knapp 150.000 Euro an Entschädigung erhalten, die Korruptionsvorwürfe und die einmonatige U-Haft hätten sie aber fast in den Selbstmord getrieben, sagte sie.

Ihre Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten, zu denen sie 2003 gestoßen war, um der Beamtenkarriere auf die Sprünge zu helfen, ließ Jourová nach der falschen Korruptionsaffäre ruhen. Stattdessen trat sie der Mikropartei „Europäische Demokraten“ bei, für die sie 2009 bei den Europawahlen antrat. Ebenso wenig Aussicht auf Erfolg hatte 2010 ihre Kandidatur für das tschechische Abgeordnetenhaus auf einem Ticket der Christdemokraten.

Erst Andrej Babiš erkannte offensichtlich das ganze Potential Jourovás: Seit ihrer Verbindung mit ANO geht es für die geschiedene Mutter zweier Kinder und zweifache Großmutter nur noch bergauf. Als erste Tschechin wird sie zum zweiten Mal für die Spitze der EU-Kommission nominiert. Alexandra Mostyn, Prag