heute in bremen: „Originale Kunstwerke ausgeliehen“
Detlef Stein,
50, freiberuflicher Kunsthistoriker und Dozent an der Hochschule für Künste Ottersberg.
Interview Lukas Scharfenberger
taz: Herr Stein, was ist eigentlich eine Graphothek?
Detlef Stein: Das ist eine Einrichtung, in der originale Kunstwerke ausgeliehen werden können. In den Siebzigern hat das Land Bremen etwas über 2000 Druckgraphiken zusammengestellt. Die Auswahl ist gut gelungen: Es befinden sich dort Werke von Joseph Beuys und Gerhard Richter, aber eben auch von unbekannten Bremer Künstler*innen. Es sind natürlich keine Unikate dabei, aber es sind Originale und viele sind auch signiert.
Wie würden Sie ihre Veranstaltung beschreiben?
Ich suche mir ein Werk aus der Graphotek aus und stelle es vor. Ich bespreche es dann und erzähle etwas über die Technik dahinter. Außerdem stelle ich die Künstler*in und ihre/seine Arbeit vor. Dafür habe ich meistens ein Porträt und ein paar Bücher dabei. Danach ist noch Zeit für Kommentare und Fragen, sodass das Ganze etwa eine Dreiviertelstunde dauert.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Die Graphothek war so ein bisschen in einen Dornröschenschlaf verfallen, sodass von diesem Angebot nicht mehr so viel Gebrauch gemacht wurde. Das öffentliche Bewusstsein für die Graphothek schwand. Viele wussten nicht, dass es das überhaupt gibt. Es ist bestimmt acht oder neun Jahre her, dass die Stadtbibliothek mich gebeten hat, das Ganze wieder ein wenig zu beleben. Ich hatte dann die Idee, eine monatliche Bildpräsentation zu veranstalten, um auf die Werke der Graphothek hinzuweisen. Das Angebot wird auch sehr gut angenommen.
Welchem Künstler sind Sie heute auf der Spur?
Vortrag und Diskussion im Rahmen der Reihe „Kunstwerken auf der Spur“, Krimibibliothek in der Zentralbibliothek, 17 Uhr
Jochen Gerz. Das ist ein Künstler, der in den Neunzigern viel im Gespräch war. In Harburg hat er damals ein zwölf Meter hohes Mahnmal gegen Rassismus installiert, auf das die Passanten ihren Namen schreiben konnten. Immer wenn das Mahnmal vollgeschrieben war, wurde der beschriebene Teil abgesenkt. So konnte es immer wieder neu beschrieben werden, bis es schließlich ganz verschwunden war.
Und welches Werk von Gerz stellen Sie heute vor?
Von ihm gibt es aus den Siebzigern eine Fototextarbeit, die würde ich gerne morgen besprechen. Es ging ihm um die Kombination von Bild und Text. Er war der Meinung, dass immer eine Differenz zwischen Abbildung und Schrift bestehen bleibe und sie nie dasselbe beschreiben könnten. Paradoxerweise nährte er sich diesem Dilemma immer wieder, indem er Bild und Text zusammen brachte.
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