piwik no script img

berlinmusikZweierlei Debüt

Doppelter Einstand: Gleich zwei der in ihrer Kategorie besten Ensembles Berlins – und des Planeten – stellen ihre neuen Leiter auf Tonträger vor. Die Berliner Philharmoniker haben die erste Einspielung unter ihrem neuen Chefdirigenten Kirill Petrenko veröffentlicht, und vom RIAS Kammerchor ist ebenfalls die erste Aufnahme mit neuem Chefdirigenten, in diesem Fall Justin Doyle, erschienen. Beide Male führt das Programm ins Geburtsland des künstlerischen Oberhaupts.

Kirill Petrenko, der bei der Wahl der Nachfolge Sir Simon Rattles aus der Abstimmung der Orchestermusiker als Sieger hervorging, kommt aus Omsk in Sibirien. Der 47-jährige Russe stellt sich an der Spitze der Berliner Philharmoniker auf CD mit einem Landsmann vor. Von Peter Tschaikowsky hat Petrenko die Symphonie No. 6 ausgewählt, die den Zusatz „Pathétique“ trägt. Komponiert 1893, im Todesjahr Tschaikowskys, hat das Werk einiges an symbolischem Gewicht zu tragen. Die Zerrissenheit ihres Schöpfers ist eines der Dinge, die oft aus ihr herausgehört werden.

Petrenko nimmt sich der Sache mit großer Detailgenauigkeit in der Abstufung des Klangs vor. Vom leuchtend hellen Auftakt im ersten Satz durchquert er ganze symphonische Ländereien, bis er im Finalsatz mit einer dunkel aufbrausenden Dramatik endet. Das mag nicht immer bis ins Mark erschüttern – wobei es das zwischendurch auch tut –, doch bekommt man die Wechselhaftigkeit des Charakters dieser Musik in einer Pracht an Facetten präsentiert, stets gesittet, nie ins Extreme oder Gequälte getrieben.

Der 1976 in Lancaster geborene Justin Doyle hat wiederum Benjamin Britten zum Gewährsmann für sein Debütalbum mit dem RIAS Kammerchor genommen. Der singt dessen vor harmonischen Farben nur so sprühende „Hymn to St. Cecilia“ neben anderen A-cappella-Werken Brittens wie den würzig konzentrierten, elegant zwischen geschichteter Polyphonie und Volkstanz-Rhythmik balancierenden weltlichen „Choral ­Dances“. Ein virtuoses, brillant intoniertes Lob des Herrn, der heiligen Cäcilia und der restlichen Welt. Tim CasparBoehme

Peter Tschaikowsky: Symphony Nr. 6 „Pathétique“ – Kirill Petrenko & Berliner Philharmoniker (Berliner Philharmoniker Recordings)

Benjamin Britten: „Hymn to St Cecilia“, RIAS Kammerchor, Justin Doyle (Harmonia Mundi)

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen