Nur mal kurz festgenommen

Getöteter CDU-Landrat: Polizei schnappte wohl den Falschen

Von Konrad Litschko

Es klang nach einem Durchbruch: Am Samstagnachmittag hatte die Polizei eine Person im Fall des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke vorläufig in Gewahrsam genommen und über mehrere Stunden befragt. Am frühen Sonntagmorgen aber ließen die Ermittler die Person wieder laufen. Es gebe bisher keine Hinweise mehr auf eine Tatbeteiligung, sagte ein Polizeisprecher der taz. Die Ermittlungen liefen nun in alle Richtungen weiter.

Walter Lübcke, Regierungspräsident in Kassel, war Anfang Juni vor seinem Haus in Wolfhagen-Istha bei Kassel erschossen worden. Den 65-Jährigen traf ein Kopfschuss aus nächster Distanz, er verstarb nach erfolglosen Reanimationsversuchen im Krankenhaus. Zum Täter fehlte der Polizei zunächst eine heiße Spur.

Dann folgte die Gewahrsamnahme am Samstag. Die FAZ berichtete, der Festgenommene sei ein jüngerer Mann, der in privater Beziehung zu dem CDU-Politiker gestanden haben soll. Er gelte als tatverdächtig, die Ermittler seien sich sicher, den Täter identifiziert zu haben. Auf die Spur des Mannes sei die Polizei durch die Auswertung privater Daten Lübckes gekommen, darunter sein Handy. Die Polizei wollte diese Angaben bewusst nicht bestätigen. Ein Sprecher sprach von „Spekulationen, die keinem weiterhelfen“. Nachdem sich ein Tatverdacht gegen die festgenommene Person nun offensichtlich nicht erhärtete, laufen die Ermittlungen weiter. „Wir haben weiter eine Menge Spuren abzuarbeiten“, versicherte der Polizeisprecher.

Die Ermittler sprachen zuletzt von 160 bisher eingegangenen Hinweisen. Eine 50-köpfige Sonderkommission „Liemicke“ geht diesen nach. Bei dem Mord an Lübcke wurde auch ein politisches Motiv in Betracht gezogen. Lübcke hatte sich 2015 offensiv zur Aufnahme von Geflüchteten bekannt – und war dafür aus der rechten Szene beleidigt und bedroht worden.