: Kühe auf dem Rembertiring
UMWELT Auch am autofreien Sonntag bleibt Bremen dieses Jahr fest im Griff der Kraftfahrzeuge: Nur ein kleiner Teil der City rund um Hochstraße und Rembertiring darf nicht motorisiert befahren werden
KLAUS-PETER LAND, ADFC-GESCHÄFTSFÜHRER
Der autofreie Sonntag in Bremen geht dieses Jahr unter dem Motto „StadTraum“ in die dritte Runde. Rund um Hochstraße und Rembertiring werden die umliegenden Straßen zwischen 11 und 18 Uhr für den Autoverkehr gesperrt. Umwelt und Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) will mit dem Aktionstag das Bewusstsein der Bremer für ein Leben in den Straßen fernab von Abgasen und Luftverschmutzung wecken. „Die Bremer sollen ihre Stadt einmal autofrei erleben“, so Lohse.
Mitten auf dem Rembertikreisel wird eine blühende Blumeninsel – ein Stadtgarten in dem sogar Kühe grasen – entstehen. Dieser Trend namens „Urban Gardening“ ist wohl aus Berlin zu uns herübergeschwappt. Das Projekt wird von der Agentur Kulturformate organisiert, welche dadurch „auf spielerische Weise einen Denkanstoß vermitteln“ möchte, sagt die Mitarbeiterin Janine Claßen. Laut einer Studie der TU Berlin weisen die urbanen Lebensmittel zwar einen erhöhten Schadstoffanteil auf. Untersuchungsleiterin Ina Säumel zufolge überwiegen aber die Vorteile wie Bewegung an der frischen Luft, der Spaß am Gärtnern und die Klima-Bilanz. Im Widerspruch zu diesem positiven Naturerlebnis steht indes die Kuhherde, die direkt neben der Hauptbühne auf dem Rembertiring von Popgesang und Trommelklängen beschallt wird. Auch der Ehrenpräsident des deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, kritisiert die Belastung für die Tiere: Der Transport sei „unnötig und nicht zumutbar“, so Apel auf Nachfrage der taz. Zahlreiche andere Attraktionen, wie Theaterwiese, Street Soccer oder Niedrigseil Parcours, werden ebenfalls rund um den Rembertiring ausgetragen.
Einen sinnvolleren Beitrag zum autofreien „StadTraum“ bietet der ADFC mit seiner Hochstraßen-Tour. Mehrere tausend TeilnehmerInnen werden zur Fahrraddemo erwartet, die durch die gesamte Stadt führen soll. „Über 25 Prozent aller Wege in Bremen werden mit dem Fahrrad zurückgelegt“, sagt Klaus-Peter Land, der Geschäftsführer des ADFC. Mit der Fahrradtour fordert der Interessenverband mehr Einsatz für umweltfreundliche Mobilität in der Fahrradstadt Bremen: mehr Platz auf der Straße, bessere Wege, besser geschaltete Ampeln und bessere Parkplätze. Das Konzept des autofreien Tages ist dieses Jahr komplett neu. 2010 war noch die gesamte Innenstadt großflächig für den Autoverkehr abgesperrt, dieses Jahr bleibt lediglich der Teil zwischen Bahnhof und Dobben unbefahrbar. Die Idee dahinter ist, eine stark verkehrsbelastete Fläche in den Fokus zu rücken und anders zu nutzen. Das Konzept „StadTraum“ soll außerdem das ganze Jahr über von Veranstaltungen und Orten für autofreie Tage genutzt werden können. Wer nach dem Aktionstag tatsächlich den motorisierten Untersatz öfter einmal in der Garage stehen lässt, bleibt offen.
KATHERINE RYDLINK
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