Flüchtlinge und Arbeit: Wie man das doch schaffen kann
Die Zahl von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung hat sich fast vervierfacht. Geht also doch. Ein Wochenkommentar.
Der wilde Wind der Willkommenskultur fegt einem nicht direkt um die Ohren im Haus des deutschen Handwerks am historischen Gendarmenmarkt. Statt eines „Refugees Welcome“-Plakats prangt im Veranstaltungssaal des 1908 erbauten, außen gediegenen und innen getäfelten Gebäudes unübersehbar ein großes Kruzifix.
Doch kommt man mit den hier residierenden Herren vom Zentralverband des deutschen Handwerks erst einmal ins Gespräch, wundert man sich, wie viel politisches Widerstandspotenzial trotz ihres eher konservativen Auftritts in den deutschen Handwerkern so steckt. So wird die Einwanderungsabwehrpolitik des Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) hier fast ebenso kritisch gesehen wie auf Kreuzberger Demonstrationen – wenn auch nicht aus moralischen, so doch aus praktischen Gründen, die am Ende vielleicht spürbarere Folgen haben.
„Wir brauchen die Jungs!“, fasste kürzlich im Gespräch mit der Autorin einer der Handwerksfunktionäre seinen Ärger zusammen. Mit „den Jungs“ meinte er Geflüchtete, die er und viele andere gern ausbilden würden, oft mangels nötiger Aufenthaltstitel aber nicht ausbilden dürfen.
Dass Berlin da mit gutem Beispiel bei der Erteilung von Ausbildungsduldungen und viel Unterstützung für Betriebe, die Flüchtlinge beschäftigen, vorangeht, macht sich bezahlt. Fast vervierfacht habe sich die Zahl von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung in den vergangenen drei Jahren, meldete Arbeits- und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Mittwoch: von 3.800 vor drei Jahren auf mittlerweile 15.000. 12.000 Geflüchtete bereiten sich nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in Sprachkursen und Qualifikationen auf eine Arbeitstätigkeit vor,12.000 sind noch ohne Arbeit.
„Wir brauchen die Jungs!“, sagte einer der Handwerks-funktionäre
„Wir schaffen das“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 angesichts der hohen Flüchtlingszahlen gesagt – und das Schaffen dann später ihrem CSU-Innenminister überlassen, der darunter eher „wegschaffen“ versteht. In Berlin zeigt eine rot-rot-grüne Regierung, wie das mit dem Schaffen wirklich geht.