press-schlag: 4.000 Lichtjahre entfernt
Der FC Chelsea gewinnt zum zweiten Mal die Uefa Europa League: 4:1 gegen den Stadtrivalen Arsenal
Es hätte Istanbul sein können oder Sevilla. Es hätte Moskau sein können oder Lissabon oder Mailand. Alle diese Metropolen hatten mindestens zwei Klubs im laufenden Wettbewerb. Am Ende wurde es London: Die Welthauptstadt des Fußballs im Jahr 2019 stellte gleich beide Teams des Finales in der Uefa Europa League, das damit zum allerersten Mal ein Lokalderby im Finale sah – der FC Chelsea gewann den Cup nach einem gerechten 4:1 (Halbzeit 0:0) über FC Arsenal.
Es war ein bizarres Finale in diesem großen, bei Weitem nicht ausverkauften „Olympiastadion“ in Baku, am Rande Europas, in Aserbaidschan, das fußballerisch eher ein Zwergenstaat ist und politisch für manchen Zündstoff sorgt – Stichworte: Menschenrechte, Pressefreiheit, autoritäres System, Korruption, Konflikt mit Armenien. Letzterem fiel auch der armenische Fußballer Henrich Mchitarjan von Arsenal zum Opfer: Er reiste aufgrund fehlender Sicherheit lieber erst gar nicht mit.
Die Atmosphäre im Stadion, das sich ausnimmt wie das Innere eines überdimensionierten Hochzeitskuchens, aus dem dann leider kein Stripper springt, war dementsprechend, tja, lame. Man musste schon genau in die Mienen der Kicker sehen, um zu erkennen, dass es hier echt um etwas ging. Der Uefa-Pokal! Ein Londoner Stadtduell im Finale! Nach zwei hochklassigen, aberwitzigen Halbfinals! Team 3 und 5 aus der derzeit besten Liga der Welt!
Das Spiel war zunächst von taktischer Zurückhaltung geprägt: Der FC Chelsea fand erst spät in die Partie, die „Gunners“ bestimmten das Geschehen in der ersten Halbzeit, ohne wirklich zwingend zu sein. Ab der 30. Minute zeigte sich dann allmählich, wer das kompaktere Team mit dem besseren System war.
In der zweiten Halbzeit wurden dann früh die Weichen gestellt: Der französische Weltmeister Olivier Giroud eröffnete mit einem weltmeisterlichen Kopfball den Torreigen (49. Minute), bevor die überragenden Pedro Rodriguez und Eden Hazard (Doppelpack inklusive verwandeltem Strafstoß) innerhalb von zwölf Minuten alles klarmachten. Arsenal kam spät noch einmal auf, vor allem durch die Einwechselspieler: Alex Iwobi sorgte mit einem Sonntagsschuss für den Ehrentreffer, vergab dann aber wie auch Chris Willock Riesenchancen.
Am Ende feierten die „Blues“ mit ihrem italienischen Coach Maurizio Sarri, dem Mann im ewigen Trainingsanzug, der sich als reiner Fußballtrainer ohne vorherige aktive Zeit von der toskanischen Provinz bis zu diesem Sieg in der Europa-Liga emporgearbeitet hat, den er jetzt im zarten Alter von 60 mit seiner blendend eingestellten Truppe einfahren konnte.
Chelsea hat mit diesem zweiten Europa-League-Triumph demonstriert, dass man stets um Titel mitspielt, während Arsenal seinem Ruf als ewige Losertruppe wieder einmal gerecht wurde.
In Baku musste man sich kurz vorstellen, wie es gewesen wäre, hätte das Stadtderby auf diesem Niveau im Londoner Wembley-Stadion stattgefunden – und nicht in 4.000 Kilometer Entfernung davon. Die geldfixierte und unflexible Uefa wird sich wenigstens für diese gescheiterte Nacht etwas geschämt haben müssen. René Hamann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen