wortwechsel: Nicht genug Weißraum im Bahnwaggon?
Oberbürgermeister Boris Palmer fand eine Werbung der Bahn mit Menschen unterschiedlicher Hautfarbe zu bunt. Das musste er unbedingt auf Facebook mitteilen
Ganz unlocker
„Rassistisch, scheinheilig, Palmer“,
taz vom 27./28. 4. 19
Liebe Bettina Gaus, deine Empörung über Boris Palmer teile ich voll und ganz. Nö, da mache ich mich nicht locker, wie die SWR-Korrespondentin empfiehlt. Und wählen werde ich ’ne Partei, die solchen Leuten nicht ganz gehörig in die Parade fährt, mit Sicherheit nicht wieder. Zumal ich die Zustimmung zu diversen Kriegseinsätzen nie verzeihen werde und das Liebäugeln mit einer schwarz-grünen Koalition absolut nicht akzeptieren kann.
Und wenn die Deutsche Bahn Menschen abbildet, die mir äußerlich nicht unbedingt ähnlich sind, ist das ein Grund, weiterhin lieber mit der Eisenbahn zu fahren, auch wenn sie viel zu oft nicht pünktlich und auch nicht besonders preiswert ist. Ich bin auf jeden Fall froh, dass so viele verschieden aussehende Menschen die Bevölkerung meiner „Heimat“ ausmachen und freue mich auf meine nächste Bahnfahrt, in der bestimmt wieder die unterschiedlichsten Menschen mitreisen werden, die vermutlich nicht wie die Klone à la Palmer aussehen. Gabriele von Thun, Bremen
Klimavergifter
„Rassistisch, scheinheilig, Palmer“,
Ich war mit meinem Schwiegersohn, einem indigenen Yolngu aus Nordaustralien, unterwegs, als er plötzlich stoppte und nicht mehr weiterlaufen wollte. Vor uns waren ein paar dunkel gekleidete Männer, an denen ich ohne nachzudenken vorbeigelaufen wäre. Solche Populisten wie Boris Palmer schaffen so ein Klima, in dem nicht der Mensch, sondern seine Hautfarbe gesehen wird. Da die Geschichtsrevisionisten wieder starken Zulauf haben und dabei immer mehr unser gesellschaftliches Klima vergiften, sind solche Bemerkungen das Letzte, was Menschen mit dunkler Hautfarbe brauchen können. Christoph Krolzig, Öhningen
Ich teile den Zorn
„Rassistisch, scheinheilig, Palmer“
Liebe Frau Gaus, ich teile Ihren Zorn und bin sehr froh, dass Sie ihn öffentlich gemacht haben. Auch ich mag mir nicht länger sagen lassen, ich solle „mal entspannen“, wenn ich mich über rassistische Bemerkungen – offene wie unterschwellige – errege. Und vielleicht ist es auch an der Zeit, dem Begriff „Migrationshintergrund“ zu Leibe zu rücken. Was auch immer seine Entstehungsbedingungen gewesen sein mögen – heute dient er allzu oft dazu, rassistisch konnotierte Wahrnehmungen von Haut und Haar in vermeintlich „sachlicher“ Weise in der Öffentlichkeit zu äußern. Eleonore von Oertzen, Hannover
Fabelhaft integriert?
„Rassistisch, scheinheilig, Palmer“
Liebe Frau Gaus, in Ihrer Kolumne gibt es nach meiner Ansicht einen halben Verlierer: Boris Palmer. Und eine Gewinnerin: die Bahn. Sie sind verletzt wegen der Versuche, Ihre Tochter aufgrund ihrer Hautfarbe auszugrenzen. Das tut mir leid. Ich bin meiner Mutter dankbar, dass sie solch eine öffentliche Anwaltschaft für mich nie übernommen hat. Wir haben erkennbar südosteuropäische Vorfahren. Daraus entstehende Probleme habe ich, meist mit rhetorischen Mitteln, selbst gelöst.
Sie halten die in der Werbekampagne der DB abgebildeten Personen für „fabelhaft in diese Gesellschaft integriert“. In welche Gesellschaft? Die der Gated Communitys? Die der Golfplätze? Dass ihre Tochter in London arbeitet, dürfte für all die Geflüchteten, die auf unseren Straßen und Amtsstuben gedemütigt werden, irrelevant sein. So irrelevant wie Boris Palmer in der Londoner Gesellschaft.
Palmers Auftritte sind oft verstörend und wenig souverän. Ob im Umgang mit meckernden PassantInnen oder mit SprayerInnen. Aber reaktionäre Kategorien wie „Freund und Feind“ vereinnahmt er nicht. Wolfgang Wägner, Stuttgart
Kündigt Palmer
„Rassismus wartet nicht vor der Tür“,
taz.de vom 26. 4. 19
Das Haus ist nicht nur die gesamte Gesellschaft, sondern es ist das Haus der grünen Partei. Und in der ist es nicht der Boris alleine, der die Wände beschmiert. Er hat Freunde und vor allem hat er Freunde, die dafür sorgen, dass er weiterhin die Wände beschmieren kann. Diese Freunde trinken mit ihm Kaffee, laden ihn zu sich in die Wohnung ein und nehmen ihn mit auf Reisen – sodass er sich sicher sein kann, dass seine Thesen so falsch nicht sein können. Dabei könnten Annalena und Robert endlich mal klarmachen, dass sie gerne den Mietvertrag kündigen würden – auch wenn das Winfried aus dem Penthouse nicht gefällt. Jörg Rupp, Malsch
Wer ist „PoC“, wer „weiß“?
„Shitstorm gewollt und bekommen“,
taz vom 25. 4. 19
Liebe Dinah Riese, Sie sind über Palmers Stöckchen gesprungen und machen die Einteilung der Gesellschaft in „People of Color“ und „Weiße“ mit. Mit welchem Recht sprechen Sie von den in der Bahnwerbung Abgebildeten lediglich Nico Rosberg das Weißsein zu? Ich nehme an, dass Sie Nazan Eckes, die nun weiß Gott nicht weniger weiß aussieht als Boris Palmer, nicht gefragt haben, ob sie die Bezeichnung „PoC“ oder „weiß“ für sich akzeptiert. Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit „hatnixmitaussehensondernmitdiskriminierungzutun“: Boris Palmers Großvater väterlicherseits gehörte als Jude der seinerzeit am schlimmsten verfolgten Minderheit an – was den Enkel (den die Nazis „Mischling zweiten Grades“ genannt hätten) allerdings nicht davor schützt, selbst rassistischen Mist zu verbreiten. Volker Scheunert, Hamburg
Berechtigte Kritik
„Rational gegen den Judenhass“, taz vom 27./28. 4. 19
Klaus Hillenbrand schreibt, in der Broschüre „Anti-Anti, Tatschen zur Judenfrage“ von 1932 oder 1933 fehle zeitbedingt der Begriff „Israelkritik“. Damit setzt er „Israelkritik“ gleich mit „Antisemitismus“. Warum gibt es überhaupt den Begriff Israelkritik, nicht aber zum Beispiel Frankreichkritik oder Ungarnkritik? Kritik an der israelischen Regierung wird häufig nicht als das behandelt, was sie ist, nämlich selbstverständlich. Diese Sonderbehandlung ist in meinen Augen diskriminierend. Natürlich gibt es Antisemitismus, der sich als Kritik an Israel tarnt. Davon unabhängig gibt es aber auch berechtigte Kritik an der israelischen Regierung. Eine Gleichsetzung der beiden Begriffe ist daher unzulässig. Eduard Belotti, Augsburg
Gegen Normalisierung
„Aufruhr im alten Tory-England“, taz vom 30. 4. 19
Leider wird in diesem Artikel der Begriff „Altparteien“ geradezu selbstverständlich übernommen. Dieser Begriff wurde von der AfD geschaffen, um etablierte demokratische Parteien pauschal zu diffamieren. Es steht gerade der taz nicht gut zu Gesicht, die Framing-Konstrukte der AfD zu kolportieren. Ich würde sie bitten, dieses Wort entweder in Anführungszeichen zu setzen oder eine angemessenere Umschreibung (wie„etablierte Parteien“) zu verwenden, damit sich der unsägliche Begriff nicht weiter verselbstständigt. Maxim Menschenin, Schwerin
Science-Fiction-Traum
„Most in Space“, taz vom 23. 4. 19
In diesem Artikel wird ja mal richtig geklotzt. Terraforming? Ach so, Atombomben sollen’s richten, verstehe. Aber – die Idee ist gar nicht mal so dumm. Wir verbringen alle unsere Atomwaffen auf den Mars und zünden sie dort. Damit wird die Erde etwas sicherer und kein Marsianer braucht mehr zu frösteln. Dass es – wegen ein wenig radioaktiven Niederschlags – bei der zweiten Siedlergeneration zu geringfügigen genetischen Modifikationen kommen wird (grünliche Haut, 15G-fähige Kopfantennen), wird dabei als wünschenswerter Nebeneffekt ausdrücklich begrüßt. Schließlich sollen ja auch wirklich alle Science-Fiction-Träume in Erfüllung gehen. Martin Rautenberg, Dortmund
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