Rainer Schäfer Radikale Weine: Eine überraschende Facette des Douro
Auf seinem 900 Kilometer weiten Weg Richtung Atlantik hat sich der Douro im Norden Portugals tief in die Schiefer- und Granithügel hineingegraben. Halsbrecherisch türmen sich dort, im Douro-Tal, abertausende Rebterrassen über- und nebeneinander, von oben sehen sie aus wie die runzelige Haut eines gewaltigen Elefanten. Hier wachsen Dutzende von autochthonen Rebsorten mit schwer auszusprechenden Namen wie Alvarelhão, Coraçao de Galo oder Amor-Não-Me-Deixes.
„Es gibt keine schönere und dramatischere Weingegend“, sagt Dirk Niepoort, Jahrgang 1964, der charismatische Frontmann der portugiesischen Weinszene. Er leitet in fünfter Generation das Familienunternehmen, das 1842 vom Niederländer Franciscus Marius van der Niepoort gegründet wurde. Dirk Niepoort ist bekannt dafür, dass er nach vorne denkt, weit über seine eigenen Interessen hinaus.
So ist das Douro-Tal vor allem für seinen Port berühmt, den mit Branntwein aufgespriteten Dessertwein. Vor einigen Jahren begann Dirk Niepoort aber mit der Winzergruppe Douro Boys, die Möglichkeiten für Rotweine aus dem Douro-Tal auszureizen. Die wurden lange Zeit wie Port behandelt, die Trauben spät im Herbst überreif geerntet. „Ein Desaster“, sagt Niepoort. Im Tal könne es „höllisch heiß werden“, bei 45 Grad im Hochsommer entstehen alkoholschwere Weine, wenn die Trauben zu lange der Sonne ausgesetzt werden.
Niepoort will hingegen „präzise Weine“, er ist stets auf der Suche nach Frische, Finesse und Balance. Er erntet früh und hat Reben in hohen und nach Norden ausgerichteten Lagen angepflanzt, um Überreife zu vermeiden. Die Trauben für seine besten Weine werden in den traditionellen Lagares, geräumigen Becken aus Granit, mit den Füßen gepresst – noch immer die gefühlvollste Methode, um Farbe und Gerbstoffe aus den Trauben zu lösen. Als Niepoort anfing, seinen Weinstil zu entwickeln, habe man ihn noch ausgelacht, erzählt er. Inzwischen ist um ihn eine Bewegung entstanden, The New Douro, die neben großartigen Roten auch bemerkenswerte Weißweine erzeugt.
Wie etwa den Redoma Branco. Gekeltert aus den Rebsorten Arinto, Codega do Larinho, Donzelinho, Rabigato und Viosinho ist er ein idealtypischer Vertreter von Niepoorts neuer Weißwein-Generation: Er stammt von alten Rebstöcken, die in über 500 Meter Höhe auf Glimmerschieferböden wachsen, ausgebaut wurde er in Fässern aus französischer Eiche.
Redoma Branco 2017, 16,50 Euro, Bezug über www.gute-weine.de
Der Redoma Branco ist ein ausdrucksstarker und intensiver Wein, der nach Orange, Limette und Minze riecht. Er zeigt eine neue und überraschende Facette des Douro.
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