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Ist das bio oder kann das weg?

Mehr als 100 verschiedene Biozeichen zieren die Verpackungen von Lebensmitteln. Da heißt es: Durchblick bewahren

Von Kristina Simons

Seit 1991 legt die EU-Öko-Verordnung detailliert fest, was in einem Produkt drin sein muss, wenn außen bio draufsteht. Auch die Begriffe ökologisch/biologisch erzeugt sind durch die Verordnung rechtlich geschützt. Entsprechende Lebensmittel tragen das EU-Bio-Logo. Daneben gibt es Verbandszeichen, regionale und private Siegel privater Anbauverbände. „Sofern ein Lebensmittel zusätzlich mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichnet ist, stehen diese in der Regel für höhere als die gesetzlichen Produktionsstandards“, sagt Kathrin Krause, Referentin für nachhaltigen Konsum beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Bioverbände zertifizieren zum Beispiel nur Betriebe, die rein ökologisch arbeiten. Gentechnik ist generell verboten, konventionelle Futtermittel sind entweder nicht erlaubt oder dürfen nur sehr begrenzt zugefüttert werden. Auch die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist strenger reglementiert. Für die Tiere ist zudem mehr Platz vorgesehen als bei den gesetzlichen Mindeststandards.

Fast alle Handelsketten haben zudem eigene Biolabels. „Sie suggerieren oftmals, dass die Produkte besonders strenge ökologische Vorgaben beinhalten, obwohl sie häufig nur den Mindeststandard der EU einhalten“, warnt Krause. Doch finden sich auch in den Regalen großer Einzelhandelsketten und Discountern mittlerweile Produkte von Bioland, Demeter, Naturland oder solche mit Fairtrade-Siegel. Der vzbv begrüßt das. „Alle Verbraucher sollen ökologisch produzierte Lebensmittel einfach wählen können, dafür braucht es ein größeres Angebot im Einzelhandel“, so Krause. Der Familienbetrieb Spielberger Mühle, Hersteller diverser Getreideprodukte in Demeter-Qualität, verkauft seine Produkte hingegen ausschließlich im Biofachhandel. „Wir sind angetreten, um anders miteinander zu handeln und fair mit der Landwirtschaft vor Ort umzugehen“, sagt Marketingleiterin Charlotte Ruck. Das könne im Lebensmitteleinzelhandel nicht funktionieren, hier gehe es um Masse und niedrige Preise.

Seit Juli 2010 müssen alle verpackten Bioprodukte innerhalb der EU verpflichtend das EU-Bio-Logo mit dazugehörigem Kontrollstellencode und einer allgemeinen Herkunftsangabe der Zutaten tragen, also zum Beispiel aus EU- oder Nicht-EU-Landwirtschaft. Entsprechend der EU-Öko-Verordnung: Die Produkte dürfen höchstens 0,9 Prozent gentechnisch verändertes Material enthalten, mindestens 95 Prozent der Inhaltsstoffe müssen aus ökologischem Anbau stammen, chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel sind tabu, eine tiergerechtere Haltung Pflicht. Die Betriebe dürfen aber parallel ökologisch und konventionell wirtschaften. Das sechseckige staatliche Bio-Siegel ist das deutsche Pendant zum EU-Bio-Logo, ist aber im Unterschied dazu freiwillig.

Naturland setzt hohe Standards für die ökologische, soziale und faire Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln sowie von Holzprodukten, Textilien und Kosmetika. Die Naturland-Richtlinien müssen vom Erzeuger bis zum Ladenverkäufer eingehalten werden. Im Zentrum stehen nachhaltiges Wirtschaften, praktizierter Natur- und Umweltschutz, Erhalt von Luft, Boden und Wasser, ökologische Waldnutzung und Aquakultur. Bioland legt besonderen Wert auf den Erhalt fruchtbarer Böden. Die Tiere werden ausschließlich biologisch ernährt, ihre Nahrung darf keine chemischen Zusätze enthalten. Die Futtermittel stammen weitgehend vom eigenen Hof oder anderen Bioland-Betrieben.

Der Bioverband Demeter wirtschaftet nach biologisch-dynamischen und anthroposophischen Grundsätzen und hat besonders strenge Kriterien für Lebensmittel und Kosmetika aufgestellt. Demeter-Betriebe müssen immer auch Tiere halten. Dahinter steht die Idee einer Kreislaufwirtschaft, bei der die Anzahl der Tiere und die Ackerflächen harmonisch aufeinander abgestimmt sind.

Ein staatliches Kennzeichen für Fleisch soll 2020 eingeführt werden

Das Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitet derzeit ein staatliches Tierwohlkennzeichen, das 2020 zunächst nur für Schweinefleisch eingeführt werden soll. Das dreistufige Label ist freiwillig, stellt aber verbindliche Anforderungen an die teilnehmenden Betriebe. „Damit erhalten Verbraucher über die gesamte Kette vom Ferkel bis zur Schlachtung klare und verlässliche Informationen darüber, wie die Tiere gelebt haben“, sagt Jutta Jaksche, Referentin Lebensmittelpolitik beim vzbv. „Deutlich über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus gehen allerdings nur die Stufen 2 und 3.“

Seit dem 1. April gibt es mit dem Tierwohl-Label ein Kennzeichnungssystem für Schweine- und Geflügelfleisch. Die von großen deutschen Lebensmitteleinzelhändlern finanzierte Initiative hat ein vierstufiges System für Tierhaltung entwickelt. Biofleisch fällt unter Stufe 4 (Premium).

Weitere vertrauenswürdige Label für ökologisch erzeugte Produkte stammen von den Bioverbänden Biokreis, Biopark, Ecoland, Eco vin, Gäa und Verbund Ökohöfe. Fair gehandelte Produkte tragen das Fairtrade-Siegel. Neuland-Fleisch ist zwar nicht bio, stammt aber aus besonders tiergerechter und umweltschonender Haltung. Das MSC-Siegel kennzeichnet Fische und Meeresfrüchte aus umweltverträglicher Fischerei. Das V-Label steht für vegetarische und vegane Produkte.

www.oekolandbau.de/bio-siegel

www.naturland.de

www.bioland.de

www.demeter.de

www.tierwohl-staerken.de

www.initiative-tierwohl.de

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