Wie viele Zähne hat der Hai?

Mieterhöhung sticht: Was einen bösen Vermieter ausmacht und ob die Deutsche Wohnen wirklich so schlimm ist, verrät das taz-Quartett der größten Berliner Immobilienfirmen

Mitarbeit Joana Nietfeld

Von Gareth Joswig
und Manuela Heim

Die Spielanleitung

Von Manuela Heim

Am Samstag beginnt, zeitgleich zur zweiten „Mietenwahnsinn“-Demo, die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Alle privaten Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin sollen demnach gegen Entschädigung um ebendiese Bestände gebracht werden.

Nun sind Sie vielleicht noch unentschieden in der Frage, ob Vermietung ein gewinn­orientiertes Geschäft oder doch lieber in der Hand von Land und anderen gemeinwohlorientierten Organisationen sein soll. Dem schließt sich nicht nur die Frage an, wie heftig es Deutsche Wohnen & Co überhaupt mit den MieterInnen unter uns treiben. Sondern auch, wer seine Haifischzähne denn eigentlich hinter „& Co“ verbirgt. Zur Entscheidungsfindung oder zum blanken Spaß ließe es sich diesen Fragen ja auch spielerisch nähern. Kommen wir also zum Immo-Quartett.

Das Spiel

Gewinn statt Pferdestärken, Mieterhöhung statt Höchstgeschwindigkeit – ansonsten wird das taz-Quartett der größten Berliner Immobilienfirmen nach den klassischen Supertrumpf- oder Autoquartett-Regeln gespielt.

Im Blatt enthalten ist die Mehrzahl der Immobilienunternehmen, die laut einer Liste der Senatsverwaltung für Wohnen von der Enteignungskampagne betroffen wären – vom größten Berliner Privatvermieter und Namensgeber der Kampagne, Deutsche Wohnen, bis zur chinesischen BGP-Gruppe. Die Liste dürfte noch länger sein, weil teilweise gar nicht klar ist, wer alles Bestände über 3.000 Wohnungen in Berlin hat. Beispielhaft haben wir die ominöse Pears Group ins Blatt gepackt. Und dann noch mit der Degewo und der Berlinovo zwei landeseigene Unternehmen, mal so zum Vergleich.

Und das sind unsere Kenngrößen:

Die Frage, wie viel operativen Gewinn die Immobilienunternehmen eigentlich mit dem Mietgeschäft machen, ist so leicht nicht zu beantworten. Da wäre einmal die Kennzahl FFO, Funds from Operations, zu deutsch „Operativer Gewinn“ – als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eine wesentliche Kennzahl für Aktiengesellschaften in der Immobilienbranche. Ansonsten ist auch das NOI (Net Operating Income) als Jahresreinertrag der Immobilien relevant. Aber bevor Sie uns jetzt hier aussteigen, hören wir auch schon auf mit dem Branchen-Einmaleins. Es gibt ohnehin genug KritikerInnen, die diese Kennzahlen anzweifeln, nicht zuletzt weil sie jedes Unternehmen je nach Sitz und Rechnungslegungspflichten anders berechnet.

Beim Wert der Wohnungen geht es gleich in aller Vagheit weiter. Ja, ja, was sind doch die Verkehrswerte, neudeutsch der Fair Value, der Immobilien in Berlin in den vergangenen Jahren gestiegen. Auch an dieser Stelle haben die Unternehmen allerdings, sagen wir mal vorsichtig: einen gewissen Gestaltungsspielraum in der Berechnung. Den nutzen, so der Vorwurf einiger Ökonomen, vor allem die börsennotierten Immobilienunternehmen gehörig aus, um sich für die Aktionäre herauszuputzen.

Wie viel kassieren denn Deutsche Wohnen & Co von ihren Mietern und wie stark wurden die Mieten im Vergleich zum Vorjahr erhöht? Die Durchschnittsmiete als vertraglich vereinbarte Sollmiete je Quadratmeter bezieht sich hier in der Regel auf die Wohnungen, die schon seit einem Jahr im Bestand sind, und gibt damit eben auch Aufschluss über die Mieterhöhungen. Die Durchschnittsmieten bei Neuvermietung hätten wir zu gern ins Spiel geworfen, denn die dürften erheblich höher sein. Das ist wohl auch der Grund, warum die meisten Unternehmen diese gar nicht erst angeben.

Die großen Miethaie stehen ja immer in der Kritik, ihre Bestandswohnungen verlottern zu lassen, also wenig in Instandhaltung zu investieren, weil sie damit nichts verdienen. Anders sieht es mit energetischen Sanierungen und anderen Modernisierungsmaßnahmen aus, die in der Regel auf die Mieten umgelegt werden können. Insofern ist der Anteil der Modernisierungsaufwendungen an den gesamten Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen eine sehr interessante Kennzahl.

Die Frauenquote in der Chefetage bezieht sich auf die Leitungsgremien Vorstand und Aufsichtsrat (AG) bzw. Geschäftsführung und ggf. Aufsichtsrat (GmbH).

Der CEO (Chief Executive Officer) ist der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende bzw. der Hauptgeschäftsführer – jedenfalls der, der außer den AnteilseignerInnen am meisten Kohle einsackt.

Der Rest erklärt sich hoffentlich von selbst. Auf den Karten finden sich die jeweils aktuellsten verfügbaren Zahlen, in der Regel aus den Jahresabschlüssen und Geschäftsberichten 2018. Bei den landeseigenen Unternehmen und der evangelischen Hilfswerk-Siedlung lagen diese Berichte aber noch nicht vor, die Zahlen sind also von 2017 und angesichts des Trends eher etwas schmeichelnd. Alle Angaben sind natürlich ohne Gewähr.

Die Spielregeln

Zunächst vorsichtig die Karten ausschneiden. Gespielt wird mit zwei Personen. JedeR erhält sechs Karten. Es gibt, ganz wie im wahren Leben, zwei mögliche Spielarten.

Die kapitalistische Spielvariante: Wer die meisten Eigentumswohnungen hat, beginnt. Einfach die vielversprechendste Kategorie ansagen, und wer dann den höheren Wert vorzuweisen hat, nimmt beide Karten zum eigenen Stapel. Wer am Ende alle Karten auf der Hand hat, ist der größte Miethai.

Die antikapitalistische Spielvariante: Der oder die SpielerIn mit der geringsten Miete beginnt. Wer den jeweils niedrigsten Wert ansagen kann, darf die Karte ein­sacken. Wer am Ende alle Miethaie geschluckt hat, gewinnt.