E-Autos in Norwegen: Über die Hälfte der Neuzulassungen
In Norwegen verzeichnen die Behörden einen Rekord an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Doch das liegt nicht an neuen Kaufanreizen.
Stockholm taz | Zum ersten Mal wurden im März 2019 in Norwegen mehr Elektroautos neu zugelassen als Pkws mit Benzin- oder Dieselantrieb. Die 10.316 E-Autos entsprachen einem Anteil von 57 Prozent der Neuzulassungen. „Das ist eine historische Zahl“, freut sich Terje Moe Gustavsen, Direktor bei der norwegischen Straßenbehörde Statens Vegvesen. Hinzu kamen 3.561 Personenwagen mit Hybridantrieb. Am Ende der Statistik rangieren mit 2.164 beziehungsweise 2.163 Neuzulassungen die reinen Benzin- und Dieselfahrzeuge.
Im Monatsvergleich seien das doppelt so viele Elektroautos wie im März 2018, sagt Moe Gustavsen. „Wenn sich der Pfropfen erst einmal gelöst hat, dann läuft es anscheinend so richtig.“
Auch für das erste Quartal 2019 meldet die Behörde einen Zulassungsrekord für E-Autos. Ihr Anteil lag bei 48 Prozent. Angesichts der Bestellungen bei Händlern, der mitunter monatelangen Lieferfristen und der Konsumentenumfragen könnte 2019 das erste Jahr werden, in dem mehr E-Autos als Verbrenner neu zugelassen werden, sagt Moe Gustavsen. 2018 hatte der Anteil reiner Elektrofahrzeuge 31 Prozent betragen, in Deutschland lag er bei 1 Prozent.
Dabei stehen hinter den Rekordzahlen nicht etwa neue Kaufanreize. Im Gegenteil. Norwegen ist gerade dabei, einige der bestehenden finanziellen Vorteile für E-Fahrzeuge zu kürzen. Deren BesitzerInnen müssen damit rechnen, in Zukunft beim Befahren verschiedener Straßenmaut-Zonen und für das Nutzen von Fähren mehr als bisher zahlen zu müssen. In manchen Städten wird die Reduzierung bislang kostenfreier Parkplätze diskutiert. Auch die vollständige Befreiung von der Mehrwertsteuer steht zur Debatte.
Ein Ziel: Mehr Fahrräder statt E-Autos
Noch brauche die Elektromobilität finanzielle Anreize, glaubt Moe Gustavsen. „Aber tendenziell werden die Elektroautos von sich aus so attraktiv werden, dass sie eine größere Belastung verkraften“, sagt er. Ziel sei ja nicht, Fahrzeuge mit fossilen Antrieben eins zu eins durch Stromer zu ersetzen. Stattdessen solle vor allem in Städten der Kollektiv- und Fahrradverkehr gefördert werden. Bei der Finanzierung dieser Umstellung müssten auch Elektroautos ihren Beitrag leisten.
„Das ist eine historische Zahl“
Für 2030 rechnet Statens Vegvesen für Norwegen mit seinen fünf Millionen EinwohnerInnen mit 1,5 Millionen Elektrofahrzeugen. Von den aktuell drei Millionen Fahrzeugen sind derzeit 226.000 elektrisch – vor fünf Jahren waren es nur 10.000.
Wenn ein Verbrenner von einem Elektroauto ersetzt werde, bedeute das unter Berücksichtigung des norwegischen Strommixes eine durchschnittliche Ersparnis von 2 Tonnen CO2 jährlich, hat die Behörde errechnet. Wohl auch dank des gestiegenen Anteils von Elektroautos war 2017 das erste Jahr, in dem in Norwegen der CO2-Ausstoß des Transportsektors gesunken ist: gegenüber 2016 von 9,7 auf 8,8 Millionen Tonnen.
Bis 2030 will Norwegen den CO2-Ausstoß des Landes verglichen mit 1990 um 40 Prozent senken. 2017 hatte das Parlament einen „Transportplan“ verabschiedet, wonach ab 2025 keine Pkws und leichten Lastwagen mit fossilem Antrieb neu zugelassen werden sollen. Dieses Ziel soll ohne ein Verbot nur durch Anreize erreicht werden. „Damals war das ein sehr ehrgeiziges Ziel“, sagt Terje Moe Gustavsen „mittlerweile ist es realistisch.“
Leser*innenkommentare
83492 (Profil gelöscht)
Gast
"Im Gegenteil. Norwegen ist gerade dabei, einige der bestehenden finanziellen Vorteile für E-Fahrzeuge zu kürzen.
... Auch die vollständige Befreiung von der Mehrwertsteuer steht zur Debatte."
Vor dem Hintergrund kann das auch als Torschluss-Panik gedeutet werden. Die steuerlichen Anreize bei der Anschaffung haben in N zu der Situation geführt, dass z.B. ein Tesla S 40% billiger als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ist (120K$ statt 200K$). [1]
Und im Gegensatz zu Deutschland ist Norwegen ein reiches Land. [2]
"Ziel sei ja nicht, Fahrzeuge mit fossilen Antrieben eins zu eins durch Stromer zu ersetzen. Stattdessen solle vor allem in Städten der Kollektiv- und Fahrradverkehr gefördert werden. Bei der Finanzierung dieser Umstellung müssten auch Elektroautos ihren Beitrag leisten."
Das ist relevante Punkt: die Zeit des Individualverkehrs ist vorbei. Die maximale Flexibilität eines aktuellen PKWs wird auch mit E-Mobilität nicht erhalten bleiben.
[1] www.reuters.com/ar...SL6N0HX1CH20131008
[2] www.thelocal.no/20...lds-highest-salary
Trango
Und so schlecht schneiden die deutschen Hersteller nicht ab, wenn breite Nachfrage und Kaufkraft zusammen kommen. Volkswagen und BMW sind auf Platz 2 und 3 der E-Auto-Zulassungsstatistik.
ophorus
Tja- die Norweger brauchen ja derzeit auch keine Angst zu haben, daß der Atomstrom wieder kommt- wie es bei uns derzeit diskutiert wird. PS: Das grösste bayr. Wasserkraftwerk könnte ca 80-100 E- Teslas 1 Jahr oder 15000km betreiben- freilich ohne Strom für die Haushalte frei zu haben....
Mitch Miller
@ophorus Und Sie meinen damit was...? Dass man das mit der E-Mobilität besser lässt, weil sonst bei uns das Licht ausgeht?
Die Alternativen zu fossiler und atomarer Stromerzeugung sind alle da incl. Speicherung in den Haushalten - sie werden nur aus politischen Gründen nicht genutzt.