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Kommentar von Claudius Prößer zu FahrverbotenTrockenwäsche fürDieselstinker

Claudius Prößer

ist Redakteur für Umwelt und Verkehr.

Es ist ein bisschen wie eine Abwandlung des alten Spruchs: „Wir waschen euch den Pelz, liebe Dieselfahrer“, scheint die Senatsverkehrsverwaltung mit ihrem gestern präsentierten Entwurf des neuen Luftreinhalteplans zu sagen, „aber keine Angst, wir machen euch schon nicht nass.“

Denn zumindest was die Ausweisung der Durchfahrverbote für die alten Selbstzünder angeht, kann man nicht ernsthaft glauben, dass sich dadurch die Luftqualität an den betroffenen Straßen in einem für die AnwohnerInnen spürbaren Maße verbessert. Die verbotenen Abschnitte sind nicht nur herzlich kurz, sie können dank einer großzügigen Anliegerregelung auch von denen ohne allzu großes Herzklopfen durchfahren werden, die hier ab 1. Juli nichts mehr zu suchen haben. Es reicht schon zu behaupten, man sei auf dem Weg zu diesem Laden da gewesen, habe dann aber leider, leider keinen Parkplatz gefunden.

Selbst wenn sich ein paar FahrerInnen einfach aus gutem Willen an die Regel halten sollten – der Effekt ist sogar nach Einschätzung der Behörde marginal und trägt höchstens zusammen mit anderen Maßnahmen dazu bei, knapp unterm EU-Grenzwert für Stickstoff­dioxid zu landen. Eine richtige Entlastung ist das noch lange nicht.

Insofern sind aber natürlich auch die Unkenrufe von der anderen Seite reine Show: Dass die Berliner Wirtschaft unter der Maßnahme auch nur ein klitzekleines bisschen leidet, wie die Unternehmerverbände behaupten, das glaube, wer will.

Tempo 30 im Windschatten

Schon eher ins Gewicht fallen da die üppigen neuen Tempo-30-Abschnitte auf Hauptstraßen. Sie segeln sozusagen im Windschatten der symbolisch aufgeladenen Fahrverbote und hätten früher vermutlich zu einem Aufschrei der Autolobby geführt.

Dass man auf manchen der ausgewiesenen Straßen wie etwa der komplett überlasteten Neuköllner Sonnenallee im Schnitt ohnehin viel langsamer vorankommt, ist da nur scheinbar ein Gegenargument. Denn wo 50 km/h erlaubt sind, drücken viele immer dann das Gaspedal durch, wenn sich doch mal eine Lücke im Stau auftut. Das ist laut, gefährlich und verpestet eben auch die Luft stärker als ein ruhiger Verkehrsfluss. Bleibt zu hoffen, dass sich auch ein paar an die neuen Beschränkungen halten und die Polizei – gerne auch die neuen Fahrradstaffeln – konsequent über die Einhaltung wacht.

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