Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Jede Woche werden internationale und nationale Feier-, Gedenk- und Aktionstage begangen. Die meisten sind jedoch unbekannt. Auflistungen dieser Tage lesen sich teils notwendig, oft jedoch skurril. Beispielsweise fand in der letzten Woche am 8. März nicht nur der Internationale Frauen*kampftag, sondern auch der Tag des Korrekturlesens statt, oder der der Popcornliebhaber*innen. Die Absicht, die die Vereinten Nationen mit dem ersten Welttag am 31. 10. 1947 verfolgten, war es, öffentliche Aufmerksamkeit für politische Themen zu schaffen. Jedoch: „Der Internationale Tag für …“ ist kein geschütztes Etikett. Längst wurde die Ausrufung von Feier- und Gedenktagen zur inflationären Medienstrategie. Deshalb gibt es mehr Feiertage als Tage im Jahr. Nichtsdestotrotz haben sie Potenzial, denn sie erleichtern es kleineren Gruppen, Bündnissen und Initiativen ihre Anliegen in größere diskursive Rahmen zu stellen. Manchmal bleibt es jedoch eine Gratwanderung, denn nicht alle Absichten sind emanzipatorischer Natur. Diese Woche gibt es aber wichtige Ereignisse:
Am Freitag ist der Internationale Tag gegen Polizeigewalt. Es besteht ein Aufklärungsdefizit bei Übergriffen, die von staatlichen Exekutiven ausgeht. Nicht nur in Deutschland ist Polizeigewalt alltäglich. Mit einer Kundgebung und Gedenktafelerrichtung soll Hussam Fadl gedacht werden, der im September 2016 von Polizist*innen erschossen wurde. Das Verfahren wurde 2017 eingestellt, da befunden wurde, dass die Polizist*innen in Notwehr gehandelt hätten. Zeug*innenaussagen, die in das Verfahren nicht einbezogen wurden, widersprachen dieser Auslegung (15. 3., Kruppstraße 16, 16 Uhr).
Am 18. März wird der Internationale Tag der politischen Gefangenen begangen. Im Vorlauf rufen Gruppen am Samstag zur Solidaritätsbekundung mit Inhaftiertet weltweit auf. Grundkonsens bei dieser Aktion ist der Kampf der Betroffenen gegen Ausbeutung, Unterdrückung, Besatzung und imperialistische Kriege (16. 3., Hermannplatz, 15 Uhr).
Ebenfalls finden diese Woche die Aktionstage gegen Rassismus statt. Der 1960 von den Vereinten Nationen ausgerufene Welttag bezieht sich auf ein Blutbad während einer Demonstration gegen die Apartheid Sharpeville, Südafrika. Der Aufstieg der AfD hat die Grenzen des Sagbaren und politisch Machbaren weit nach rechts verschoben und ermutigt gewalttätige rassistische, rechte und faschistische Bewegungen. Deshalb ruft das Bündnis „Gemeinsam gegen Rassismus und Faschismus“ zum „March Against Racism“ (16. 3., Wittenbergplatz, ab 14 Uhr).
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