wortwechsel: Von Vaterglück und Kindeswohl
Ministerin Giffey will Väter durch eine Unterhaltsreform entlasten. Dabei sind es Frauen, die meist schlechter gestellt sind. Und: Über die Fallstricke geschlechtergerechten Schreibens
Drangsal
„Sind so arme Väter“, taz vom 11. 3. 19
Dank an Silke Mertens für den treffenden Artikel. Seit Jahren ist die Erweiterung von Väterrechten ein Thema, als Regierungsziel festgelegt und auch stetig durch Gesetzesänderungen umgesetzt.
Nun ein weiterer Anlauf von Ministerin Giffey, Väter durch eine Unterhaltsreform zu entlasten. Hier zeigt auch der massive Druck Wirkung, den Väterverbände über die FDP auf die Regierung ausüben. Steter Tropfen höhlt den Stein und Frauen/Mütter sind zu beschäftigt, sich zu wehren. Dabei leben bereits jetzt 44 Prozent der Alleinerziehenden in Armut und ein Großteil der getrennten Väter zahlt gar keinen oder keinen vollständigen Unterhalt. Bei dem ganzen Thema tritt der Aspekt des Kindeswohls, um das es eigentlich gehen sollte, völlig in den Hintergrund. Der Streit, auch zunehmend juristisch, liegt als Unfriede über der Gesellschaft und hat erschreckende Ausmaße angenommen.
Er belastet nicht nur die meist finanziell schlechter gestellten Frauen in finanzieller und psychisch/körperlicher Hinsicht, sondern insbesondere die Kinder. Wenigstens nimmt Frau Giffey vom sogenannten Wechselmodell, bei dem die Kinder wechselnd bei den Elternteilen leben, als gesetzliche Vorgabe Abstand. Es wird in anderen Ländern nach Studien über die Kindesbelastung bereits wieder zurückgenommen.
Was allen klar sein muss: Keinem Kind geht es gut, wenn es der Mutter schlecht geht! Insofern dürfen Frauen nicht noch weiter drangsaliert, ausgepresst und überlastet werden. Das ist der Punkt, wo die Reformen ansetzen müssen. Und das hindert keinen einzigen liebevollen Vater, sich um seine Kinder zu kümmern.
Brigitte Stephan, Berlin.
Absurde Regelungen
„Sind so arme Väter“, taz vom 11. 3. 19
Vielen Dank für Ihren Meinungsartikel zur Gleichstellung von Vätern, der mir sehr aus der Seele spricht. Ich möchte Sie jedoch auf einen gravierenden Fehler in Ihrer Argumentation hinweisen, der auch Männer oft zu dem Fehlglauben verleitet, sie müssten beim Wechselmodell keinen Unterhalt mehr zahlen: nämlich dass mit dem Wechselmodell alle Unterhaltsleistungen erbracht seien.
Stattdessen wird (wenn der Betreuungsteil des Unterhalts gleich verteilt ist) der Barunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle bestimmt. Sollte dann aus Sicht des Kindes ein weiterer Unterhaltsanspruch entstehen (was meistens der Fall ist), wird dieser nach Abzug des Selbstbehalts zwischen den Eltern entsprechend der Einkommen verrechnet. Bei großem Unterschied trägt weiterhin der/die Besserverdienende die Hauptlast.
Es gibt diverse Urteile dazu sowie juristische Publikation, nur die Legislative hat sich mit der Regelung bisher Zeit gelassen. Absurd wird es dann (wie im speziellen Fall meiner Familie), wenn Grundsätze aus dem Residenzmodell übertragen werden, zum Beispiel die Gleichstellung von Kindern aus früheren Beziehungen. Dies führt dazu, dass Kreditraten für Konsum seitens meines Exmanns angerechnet werden können, die Tatsache, dass ich aber für ein weiteres jüngeres Kind auch unterhaltspflichtig bin, in meinen Selbstbehalt nicht einbezogen wird. Mein Exmann kann also sein Auto vom Unterhalt abziehen, ich die Kosten für die Pflege eines weiteren Kindes nicht.
Die Annahme, Väter könnten sich durch das Wechselmodell um den Unterhalt drücken, sollte mit Rücksicht auf Kinder und Mütter, gerade aus problematischen Familien, nicht weiter kolportiert werden. Väter sollten ihre Kinder nicht aus Geiz sehen wollen.
Name ist der Redaktion bekannt
Sagt der Linguist
„Eine für alle“, taz vom 9./10. 3. 19
Mit viel Neugier habe ich den Beitrag von Luise Pusch zu ihrem großen Thema „gendergerechte Sprache“ gelesen, damit zu einem eher reiz- und lustlosen „leidigen“ Thema in meiner linguistischen Welt. Um es mal ganz kurz zu machen: Was mich etwas befremdet hat, ist der Hinweis auf die eigene hohe Qualifikation sowie die über 40-jährige Befassung mit dieser Thematik. Das ist akademisches Hoheitsgebaren, das hätte auch Luise (so sprachen wir uns damals im Seminar an, als Studenten [sic!]) nicht nötig. Es sei denn, man [sic!] will die Brüchigkeit der eigenen Argumentation verstecken.
Was mir gut gefiel, waren zwei Unterthemen in diesem Beitrag: Wenn selbst Luise Pusch mit den verschiedenen grafischen Stilen für „gendergerechtes Schreiben“ nicht recht zufrieden ist, fühle ich mich mit meinem Unbehagen auch nicht mehr so latent frauenfeindlich … Und die „Diversen“ überhaupt sprachlich sichtbar zu machen ... bereitet nicht nur ihr Kopfzerbrechen. Es ist ein Hinweis darauf, dass diese ganze Frage auf falschen Prämissen beruht – sagt der Linguist, und natürlich auch die Linguistin. Jedenfalls ist hier ein irgendwie konsequentes Vorgehen nicht möglich, wofür beliebige Texte aus aktueller medialer Produktion ständig reichlich Belege liefern. Aber bevor dies in einen Traktat über die Fallstricke grammatischer Kategorien wie das seit dem 17. Jahrhundert gebräuchliche „Geschlecht“ ausartet, kommen wir zum traurigen Schluss: Dieser gepuschte (excusez-moi!) Reformvorschlag beinhaltet die Abschaffung grammatischer Genusskategorien außer dem Femininum (dann nicht nur generisch, sondern leer, mangels Opposition). Aber was die Nomina angeht, da müssen wir uns auf dem Hof des scharf bewachten Umerziehungslagers im Chor auf „Freundinne, Freundisse und Freundille“ (Plural) einüben. Technokratisches Sprachreformertum kam auch in erheblich milderen Formen als diese Vorschläge kaum irgendwo gut an.
Grammatische Klassifikation von nominalen lexikalischen Kategorien (auch pronominalen, wo es ja ganz haarig wird) ist eine Sache, Bezeichnungen für nach Geschlecht/„gender“ differenzierte Lebewesen eine ganz andere. Wenn man das mal bitte trennen könnte, schon in der Grundschule … Oder wenn sich eine Frau Müller(*in?) ebenso stolz wie selbstverständlich als Abteilungsleiter oder bald Direktor ihrer Firma bezeichnen würde, oder eine kleine Isolde im Kindergarten als König von Lummerland. Davon brauchen wir mehr. Dann ist das Leben sprachlich und anderweitig gewiss leichter.
Arndt Wigger, Königswinter
Maskulinistischer Geist
„Werdet doch evangelisch“, Brief vom 13. 3. 19
Eigentlich habe ich mir schon lange gewünscht, dass ihr mal solche Anregungen wie in dem Leserbrief von Manfred Veh in der taz stärker betont. Das wäre auch ein gutes Thema für die Frauen-taz am 8. Mai gewesen. Was können die Frauen, außer zu reden, denn noch tun, nachdem ihnen die Herren der katholischen Kirche kein Gehör „schenken“, um als Gleiche betrachtet zu werden? Sie können austreten, sie können evangelisch werden. Sie könnten den sonntäglichen Gottesdienst boykottieren. Lassen wir sie eben allein, in ihrer katholischen Kirche, die Männer! Anders kommen wir dieser selbstgerechten maskulinistischen Betrachtung von Geistlichkeit nicht nah.
Uschi Schmidt, Saarbrücken
4 Männer, 2 Frauen
„Prost, Groko!“, taz vom 13. 3. 19
Fünf Tage nach dem Frauentag: traurig! Sechs Statements aus der Redaktion zum Groko-Jubiläum: 4 Männer, 2 Frauen, die Männer aus den Ressorts Inland, Bildung, Kultur, Wirtschaft + Umwelt – und die 2 Frauen dürfen auch ihre Meinung sagen! Die taz am 8. 3. war wohl doch nur eine Alibiveranstaltung. Annegret Klasen, Polch
Global vernetzter Blick
„Greta global“, taz vom 14. 3. 19
Machen!! Aussitzen!!! Bis die Profis mit ihrem global so vernetzten Blick zumindest kurz endlich ihren Arsch aus den Polsterstühlen der internationalen Konferenzräume erheben, um die Tsunamiwelle zu sichten, die ihnen hoffentlich unaufhaltsam entgegen(g)rollt. Hildegard Meier, Köln
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