Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Nach der Demo ist vor der Demo – politischer Aktivismus ist ein Prozess ohne klar definierbare beziehungsweise exakt voraussehbare Ergebnisse. Die jeweiligen Aktionen folgen dem kollektiven Idealismus, die Welt zum Guten zu verändern. Was genau unter Verbesserung zu verstehen ist, bleibt jedoch oft ein Streitpunkt. Dennoch: Ansatzpunkte für diesen Veränderungsantrieb geben in dieser Woche zahlreiche interessante Veranstaltungen.
Am Donnerstag wird unter dem Titel „Schönheit leistet Widerstand“ der Kampf der Arbeiter*innen der Flormar-Kosmetikfabrik in der Türkei, der internationales Aufsehen erregt hat, besprochen. 135 entlassene Arbeiter*innen (fast alles Frauen) protestieren dort seit über zehn Monaten und fordern neben ihrer Wiedereinstellung auch das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Wie sich der Kampf gestaltet, wird heute im Aquarium diskutiert. Dafür haben labournet.tv und Frauen*streik Berlin zwei der entlassenen Arbeiter*innen eingeladen. Im Vorspann wird der für die Veranstaltung titelgebende Film (Türkei, 20 Min. Türkisch mit dt. Untertiteln) über die Frauen, die im Kampf bei Flormar in Gebza an vorderster Front stehen, gezeigt (7. 2., Skalitzer Straße 6, 19 Uhr).
Zeitgleich wird in der Bar Subversiv über die Grenzen zwischen Marokko und Spanien als eine weitgehend in Vergessenheit geratene Grauzone diskutiert. Ziemlich genau vor fünf Jahren versuchten, von der marokkanischen Gendarmerie ins Meer gedrängt, mehrere Hundert Menschen die spanische Exklave Ceuta zu erreichen. Die spanische Guardia Civil reagierte mit massiver Gewalt, Gummischrot und Tränengas auf die schwimmenden Menschen. 15 Menschen starben in dieser Nacht, unzählige wurden verletzt. Im Licht dieser Ereignisse werden Kontinuitäten der europäischer Grenzpolitik erörtert. Welche Gegenstrategien gibt es? (7. 2., Brunnenstraße 7, 19 Uhr).
Der Antrieb, etwas zu verändern, schwingt in jeder Info- und Diskussionsveranstaltung mit. Greifbar wird dieser Drang am Samstag. Im Kalabal!k werden konkrete Gegenstrategien zum bevorstehenden Polizeikongress, der am 16. Februar in Berlin stattfindet, diskutiert. Der Kongress zählt zu den wichtigsten, denn hier trifft polizeiliches Führungspersonal auf die Hersteller von Überwachungstechnologien. Im Mittelpunkt steht die Zukunft der Polizeiarbeit. Wer den Dokumentationsfilm „Hamburger Gitter“ gesehen hat, bekam darauf bereits einen Vorgeschmack. Aus diesem Grund soll der Kongress von der Zivilgesellschaft nicht unwidersprochen bleiben (9. 2., Reichenberger Straße 63a, 17 Uhr).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen