: Kein Katzentisch für Präses
In Bremen naht die 475. Schaffermahlzeit
Am 13. Februar 2015 hat in Bremen eine Zeitenwende stattgefunden: Zum ersten Mal seit dem Jahr 1545 durften an diesem Tage hochoffiziell auch Frauen an der „Schaffermahlzeit“ teilnehmen – nach 470 Wiederholungen des „ältesten fortbestehenden, sich alljährlich wiederholenden Brudermahls der Welt“, wie es auf der Schaffer-Homepage stolz heißt.
Und damit so viel Fortschritt nicht allzu sehr auffällt, tut die Schaffergesellschaft online einfach so, als seien Frauen seit jeher Teil des Mahls: „Seit Jahrhunderten hat sich an den Regeln während der Schaffermahlzeit wenig geändert. Frauen in langen schwarzen Abendkleidern sowie Männer im Frack und Kapitäne in Uniform nehmen in der oberen Rathaushalle an dem Mahl teil“, heißt es da.
Am kommenden Freitag nun wird die 475. Mahlzeit begangen. An ihr nehmen kauf- und seemännische Mitglieder der ausrichtenden Stiftung „Haus Seefahrt“ teil sowie Gäste aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Verwaltung. Das „Brudermahl“ besteht aus einer bestimmten, ebenfalls nicht schon „vor Jahrhunderten“, sondern irgendwann im 19. Jahrhundert festgelegten Speisenfolge, während der Spenden gesammelt werden, die in Not geratenen Seeleuten und ihren Hinterbliebenen sowie – Achtung, schon wieder etwas Neues! – Studierenden der Nautik zugute kommen.
Und noch mehr Fortschritt hält Einzug in das „Haus Seefahrt“: Denn zum ersten Mal hält nicht der Präses der Bremer Handelskammer beim Vorempfang eine Rede, sondern die Präses: Seit zwei Wochen steht mit Janina Marahrens-Hashagen nämlich erstmals eine Frau an der Spitze der Handelskammer.
„Manche Dinge müssen sich erst langsam zurecht ruckeln“, sagt Schaffer Thilo Schmitz zum eher trägen Bremer Umgang mit veralteten Traditionen, aber dass es einen „Katzentisch“ für die teilnehmenden Frauen gebe – so wie es auch die taz behauptet hatte – sei falsch: „Den gab es noch nie. Wir haben vier Tische, und an einem davon sitzen der Vorsteher, der Ehrengast und alle wichtigen Personen – sowohl Frauen als auch Männer.“ Allerdings gebe im Kaminzimmer einen reinen „Damentisch“ für Ehefrauen und andere weibliche Begleitpersonen: „Dort sitzt dann die Frau des Bürgermeisters neben meiner Mutter.“ Simone Schnase
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