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heute in hamburg„Ein großes Geschenk an die Stadt“

Gerd Oeser

Julia Melzner, 39, ist Kommunikationsdesignerin und im Vorstand des Vereins Frappant.

Interview Robert Matthies

taz: Frau Melzner, Sie haben mit der Initiative „Art Off Hamburg“ Kultursenator Brosda im Dezember ein Geschenk überreicht – zusammen mit einer „schlappen Null“ aus Plastik. Was hat es damit auf sich?

Julia Melzner: In der Initiative haben sich im vergangenen Jahr 21 Hamburger Off-Kunstorte zusammengeschlossen, um die öffentliche Diskussion über die prekäre Situation freier Kunstorte anzuregen. Wir haben Herrn Brosda all unsere Anträge für Programmförderungen aus dem vergangenen Jahr überreicht, als Geschenk von uns für die Stadt Hamburg: Unsere Ideen, unsere Kreativität, unsere ehrenamtliche Arbeit, all das verschenken wir nämlich.

Aber dieses Engagement wird nicht wertgeschätzt?

Die Wertschätzung dafür fehlt. Die freien Kunstorte sind dynamische Impulsgeber, wir sind die Sprungbretter und Experimentierfelder für Nachwuchskünstler*innen. Und wir stecken viel Arbeit da rein. Wir haben unsere Stunden aus dem letzten Jahr mal zusammengerechnet, das waren rund 2.300 Stunden ehrenamtliche Arbeit allein beim Frappant.

Hinter dem Geschenk verbirgt sich deshalb eine Forderung: Die „schlappe Null“ soll an die bisherige Fördersumme angehängt werden, aus 175.000 Euro sollen 1.750.000 Euro werden. Wofür brauchen Sie das Geld?

Wir brauchen Gelder für Werbemaßnahmen, um mehr Sichtbarkeit zu bekommen. Wir brauchen Geld für Künstlerhonorare, für Fahrtkosten, Materialkosten und so weiter – um einfach unsere Ausstellungen realisieren zu können. Insgesamt hatten die freien Kunstorte in den vergangenen sechs Jahren einen Topf von 130.000 bis 170.000 Euro, worauf sich 15 bis 20 Institutionen bewerben. Das ist viel zu wenig.

Woran fehlt es neben dem Geld noch?

„Art Off Hamburg #1 – Ausstellungen der freien Kunstorte“: Vernissage, Fr, 4. 1., 19 Uhr, Frappant Galerie; Ausstellungen bis So, 13. 1., Sa/So, 14–19 Uhr

Wir wollen mehr Transparenz, wie Gelder vergeben und Jurys zusammengesetzt werden. Wir möchten eine runden Tisch, einen „Off Circle“, wo sich Behörden, Politik und Hamburger Institutionen zusammensetzen und miteinander sprechen.

Nun stellen die 21 an der Initiative beteiligten Kunstorte auch das erste Mal gemeinsam aus. Was versprechen Sie ich davon?

Wir zeigen Malerei, Objekte, Installationen, Fotografien und Filme – die ganze Bandbreite der freien Kunstszene der Stadt. Wir wollen damit die Begeisterung für die Qualität und Vielfalt der Off-Kunst wecken – und eben auf unsere politischen Forderungen hinweisen.

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