: Renaissance der Gisela
Interessanter Trend bei Tantennamen 2018
Seit Jahrzehnten leiden zahlreiche Frauen unter dem sogenannten Tantennamensyndrom. Dabei müssen ansonsten wohlgeratene weibliche Geschöpfe es ertragen, dass ihre Eltern sie mit einem ulkigen Zweitnamen gebrandmarkt haben, der von einer Erb- oder Patentante stammt. Die Tante hat längst den Weg alles Irdischen genommen, ein Erbe hat sie selbstverständlich nicht hinterlassen und ihre Geschenke zum Geburtstag waren sowieso stets die kleinsten. Aber der knorzige Name bleibt. Für immer und ewig.
Auf der Liste der Tantennamen ganz vorn steht Hildegard, knapp gefolgt von Hedwig. Besonders schlimm getroffen aber hat es alle Frauen, die eine Gisela mit sich durchs Leben tragen müssen wie einen Mühlstein. Gisela ist der Tantenname schlechthin. In jeder Familie gab es eine Tante Gisela! Und berufe sich niemand auf irgendein historisches Vorbild. Es gibt keine berühmten Giselas – bis auf die tatsächlich einzige Ausnahme von der Regel, die großartige Kabarettistin Gisela Schneeberger, die allerdings auch etwas leicht Tantenhaftes hat.
Das wächst sich aus und findet ein natürliches biologisches Ende, beschwichtigte man stets alle Zweit-Giselas, die das Gegiggel bei Partyrunden ertragen mussten, wenn alte Führerscheine mit antiquierten Fotos und verknöcherten Tantennamen herumgereicht wurden. Gisela bedeutet nicht umsonst „Geisel“.
Doch jetzt hat die Deutsche Gesellschaft für Sprache, wie dpa gestern meldete, eine interessante Randentdeckung gemacht. Zwar hätte sich bei der Wahl der Babyvornamen im Jahr 2018 wenig verändert, die Vorlieben deutscher Mütter und Väter blieben gleich, aber am Arsch der Welt, also im Standesamt Zwickau, zeige sich ein interessanter neuer Trend: „Als dritte Vornamen wurden Cindy, Gisela oder Willy vergeben“, weil „ostdeutsche Eltern mutiger bei der Vornamenwahl ihrer Kinder sind, in dem sie häufiger ungewöhnliche oder sogar längst vergessene Namen wählen.“
Das soll Mut sein? Ein Kind ausgerechnet G-i-s-e-l-a zu nennen? Wir wussten es immer. Sie kommen alle zurück! Selbst die Gisela. Von der schon Hape Kerkeling als Horst Schlemmer ein Lied zu singen wusste: „Gisela, Gisela, Gisela, du machst mich verrückt. / Gisela, Gisela, Gisela, das klingt wie Musik.“
Zur Renaissance der Gisela fehlt nur noch eins: Wenn 2019 das erste männliche Baby in Zwickau auf den Namen Horst-Dieter getauft wird. Die Tanten der Zukunft brauchen schließlich die passenden Onkel.
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