berlinmusik
: Bahnhof & Audobahn

Aus dem deepen Underground taucht hier kurz vor Jahresende noch eine ziemlich feine EP auf, die irgendwo zwischen Noise, Synth­punk-Wahnsinn, Breakcore und Dada anzusiedeln ist. Das Ein-Mann-Projekt hört auf den Namen Bahnhof Schwarzburg (der offenbar auf einen Klassiker in der Modelleisenbahnszene referiert, in der der Rezensent sich wiederum nicht so gut auskennt), die 5-Song-EP heißt „Bahnhofsjugend“. Ursprünglich aus dem vitalen Schwarzwald-Zirkel um Bands wie Kurt und Ten Volt Shock stammend, ist der Mann, der sich Bahnhof Schwarzburg nennt, seit einigen Jahren in Berlin ansässig. Wie bei genannten Bands hat man auch hier einen treibenden, tighten Schlagzeugbeat und eine noisig-lärmende, manchmal auch fricklige Gitarre, dazu kommen wummernde Synthesizer, die einen an jüngere Synthpunk-Gruppen wie Pisse oder Puff! denken lassen. Bei Stücken wie „247“ dagegen kommt einem das superbe neue Patrick-Wagner-Projekt Gewalt in den Sinn (bei dem Gesang habe ich einen Moment überlegt, ob er da nicht gar zu Gast ist). Die deutschsprachigen Texte sind hier im Übrigen ähnlich unversöhnlich; es geht, wenn man es in eine Klammer fassen will, um die spätkapitalistische Mühle, in der wir alle hängen („Hey, hey, hey / Halt deine Fresse und kauf dir was / scheiß egal, was / kauf dir was“) oder es wird in Gaga-Manier über Deutschlands größtes Fetischobjekt, das Auto, gesungen („Audo, Audo / Audobahn“). Super Sache.

Wie schlägt man jetzt den Bogen zu den Crashcaptains? Gar nicht wahrscheinlich, denn besagtes Quintett macht einen gänzlich anderen Sound, hier ist Indierock à la Death Cab For Cutie zu hören. Auf dem kürzlich erschienenen zweiten Album „In Too Deep“ hat man tatsächlich den Eindruck, als sei die US-Combo um Ben Gibbard der maßgebliche Einfluss für die Berliner Band gewesen. Ähnlich sauber und clean wie bei Death Cab sind diese 9 Songs hier, es finden sich tolle Ideen, gerade an der Gitarre, und es klingt auch alles sehr auf den Punkt. Mir persönlich ist es zu glatt, am besten gefiel mir noch „Summer House“ mit seinem leichten Pet-Shop-Boys-Touch. Für Fans von Death Cab aber eine sichere Bank. Jens Uthoff

Bahnhof Schwarzburg: „Bahnhofsjugend“ 7"und Download (Anker Schallplatten/Chu Chu Records), bhfswbg.bandcamp.com |Crashcapatains: „In Too Deep“ (Lametta Records)