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Öffentliche Verkehrsmittel in BremenBus auf Bestellung

Die BSAG will ein „Bus on demand“-Projekt starten. Es soll die Pkw-Nutzung von Menschen aus Stadtteilen mit schlechter ÖPNV-Anbindung reduzieren.

In Hamburg bereits unterwegs: Ein Elektro-Shuttle der Bahn-Tochter ioki Foto: dpa

Bremen taz | „Bus on Demand“: So heißt ein Programm, das vorsieht, Rufbusse in Stadtteilen einzusetzen, die schlecht an den regulären Linien-Nahverkehr angeschlossen sind. Eine Förderung aus Bundesmitteln ermöglicht ab 2019 einen entsprechenden Ausbau des ÖPNV-Netzes in Bremen – und die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) erhofft sich eine Beteiligung an dem Projekt.

Das Konzept des Programms: BSAG-Kund*innen können per App nach einem Rufbus fragen. Ein Algorithmus berechnet dann aus allen Anfragen eine Route – und sammelt auf der effizientesten Strecke die Kund*innen ein.

Als Voraussetzung für den Projektstart muss das Land Bremen allerdings zusätzlich zu den 1,1 Millionen Euro Bundesfördergeld etwa das Doppelte bis Dreifache der Fördersumme aus Landesmitteln aufbringen, sagt Jens-Christian Meyer, Sprecher der BSAG. Damit allerdings würde dann auch ein Teil des „Masterplans Green City“ des Verkehrsressorts umgesetzt.

In verschiedenen Städten laufen bereits Tests ähnlicher Modelle, so auch in Hamburg. Die Unternehmen, die das Programm bespielen, erhoffen sich positive Effekte für die Umwelt – und langfristig weniger Autoverkehr in den Städten. „Viele unserer Kund*innen sind zum Beispiel für den täglichen Arbeitsweg vom Privatauto auf das Bus on demand-Programm umgestiegen,“ sagt Christina Sluga von den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH). „Sie nehmen den Sammelbus bis zur nächsten Bahnstation, statt mit dem Privatauto zu pendeln.“ Zusammen mit dem Deutsche-Bahn-Ableger Ioki testen die VHH das Programm in Hamburg. 70.000 Fahrgäste zählen die VHH, seit die Testphase im Sommer begann. Die meisten davon, so Sluga, benutzten das Angebot regelmäßig.

Fahren tatsächlich weniger Autos in der Stadt, wenn Einzelne in Kleinbussen mitgenommen werden?

Georg Wietschorke, Bündnis Verkehrswende

In Bremen ist noch nicht klar, wer die Betreuung des Projektes übernimmt. Die BSAG, so Meyer, strebe das aber an. Über mögliche Tarife könne noch nicht spekuliert werden. Fakt sei aber: „Wir werden einen Weg finden müssen, das Angebot günstiger als die private Autonutzung, aber etwas teurer als den regulären Nahverkehr zu gestalten. Der Mehraufwand für die Kleinbusse muss in irgendeiner Form finanziell getragen werden.“

An den positiven Klimaeffekten, die sich der Senat vom neuen Programm erhofft, zweifelt das lokale „Bündnis Verkehrswende“. Sie sehen in dem Konzept einige ungelöste Probleme und offene Fragen. „Wir fragen uns: Fahren tatsächlich weniger Autos in der Stadt, wenn nur Einzelne in Kleinbussen mitgenommen werden? Oder würde der Ausbau des normalen Busnetzes viel effektiver wirken?“, fragt Georg Wietschorke, Vertreter des Naturschutzbundes BUND im Bündnis Verkehrswende.

Auch die Antriebe der Kleinbusse spielten eine Rolle, denn die Nutzung von Dieselfahrzeugen wäre für ihn kaum hinnehmbar. Das Bündnis empfindet deshalb einen flächendeckenden Ausbau des derzeitigen ÖPNV-Netzes als die bessere Lösung. Besonders die Bahnlinien 1 und 8 müssten endlich fertiggestellt werden. „Vor allem die Anbindung des Umlands sollte mitgedacht werden – ob durch Straßenbahnen und Linienbusse oder ein ‚Bus on demand‘- System“ so Wietschorke. Immerhin seien es rund 100.000 Pendler*innen, die täglich ihre Autos in der Stadt abstellten – und sie damit verstopften.

Testphase ohne Umland

Laut BSAG sei dies aber erst einmal nicht der Plan – eine Testphase werde allein in Bremen und Bremen Nord stattfinden, genauer könne man sich noch nicht festlegen. Dass das Umland zunächst nicht einbezogen werde, sei aber klar. „Wir versuchen mit dem Projekt, Menschen aus Stadtteilen mit geringen Bus- und Bahnverbindungen an die großen ÖPNV-Zubringer anzubinden“, sagt Meyer.

Das Bündnis Verkehrswende sieht in dem geplanten Projekt ein weiteres Problem: Das Angebot kann in anderen Städten bisher nur mit dem Smartphone wahrgenommen werden – es ist also sehr exklusiv. Hier jedoch stellt auch Meyer von der BSAG Arbeitsbedarf fest: „Wir müssen einen barrierefreien Zugang zu Bestell- und Bezahlvorgängen jenseits des Smartphones schaffen.“

Modernisierung nach Masterplan

In der Umweltbehörde gibt man sich sehr zufrieden mit der Förderung. Sie unterstütze die Umsetzung eines der Bausteine des „Masterplans Green City“, so Jens Tittmann, Sprecher des Umweltsenators. Der Plan sieht über das „Bus on demand“-Programm hinaus eine weitreichend nachhaltige Modernisierung des Verkehrs in Bremen vor.

Die Verknüpfung von Leihrad- und Car-Sharing-Systemen mit Bus und Bahn, etwa durch den Einbezug dieser Möglichkeiten in die Streckenvorschläge der Fahrplaner-App ist dort mitgedacht, und auch das Autonome Fahren bekommt einen Platz im Masterplan. Außerdem umfasst der Plan die gleichmäßige Verteilung von Elektrotankstellen in der Stadt, die Ausweitung der Elektromobilität auf die Busflotte der BSAG und die Stadt-Logistik.

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