meinungsstark:
Honorarrunterrechnungstricks
„Therapeuten protestieren gegen Gesetz“, taz vom 11. 12. 18
Der Vorwurf, Psychotherapeuten würden zu wenig arbeiten oder nur leichte Klientel versorgen, ist ein Mythos der Krankenkassen und konkurrierenden Psychiaterverbände. Jens Spahn greift diesen Mythos gern auf. Denn es geht um langjähriges Honorardumping in der Psychotherapie und die psychotherapeutische Unterversorgung der Bevölkerung. Ein Kollege hat das kurz eingedampft: Umdeutung „Mindesthonorar“ in „Maximalhonorar“ und seither ständige Verwendung nur noch dieses Begriffs. Das eröffnet folgende Möglichkeiten:
1. Gleichsetzung Maximalauslastung (bei uns jene 36 genehmigungspflichtigen Leistungen = circa 65 Wochenarbeitsstunden) mit Durchschnittsauslastung der somatischen Ärzte (circa 51 Wochenarbeitsstunden);
2. Eindampfung der somatisch tätigen Ärzte als Vergleichsgruppe auf anfangs die 7 am schlechtesten verdienenden Fachgruppen und nun auf die nur 5 am schlechtesten verdienendden Fachgruppen;
3. Abzug weiterer Leistungen (die „nichtprägenden Leistungen“, wo jetzt das BSG immerhin einen Deckel von 5 Prozent eingezogen hat);
4. Runterrechnen der Praxiskosten zum Beispiel durch zu geringe Berechnung der benötigten Personalkosten;
5. Heranziehen von veralteten Vergleichsdaten;
6. Herausrechnen der Personalkosten, was zu einer Kürzung für alle nichtvollausgelasteten 65-Stunden-Arbeiter führt (der „Struktur-Zuschlag“ ist gemeint);
7. Jahrelange Verschleppung der uns selbst aus oben aufgeführten „Runterrechnungstricks“ noch zustehenden Honoraranpassungen, wodurch „systemrelevante“ Nachzahlungsbeträge auflaufen (aktuell theoretisch fast eine halbe Milliarde Nachzahlungsanspruch), was dazu führt, dass die Politik Angst bekommt, dass das System solch hohe Beträge nicht verkraftet. Das macht es dann leichter, weiter Honorarrunterrechnungstricks durchzusetzen. Ulrich Hegemann, Greven
Neurologisch krank, nicht seelisch
„Probiotika statt Antidepressiva?“, taz vom 7. 12. 18
Gleich am Anfang ein so grundlegender Fehler! Parkinson ist keine psychiatrische, sondern eine neurologische Erkrankung. Neurologisch = organische Erkrankungen des Gehirns und des Nervensystems), psychiatrisch = seelische Erkrankungen. Parkinson und Schlaganfall sind Beispiele für neurologische Krankheitsbilder, Depression und Angststörungen für psychiatrische. Im Grunde ist die Zuspitzung auf den Zusammenhang von Psyche und Darmflora falsch. Es geht um den Zusammenhang von Hirnstoffwechsel und Darmflora – und der Hirnstoffwechsel beeinflusst sowohl die Psyche als auch im Fall von Parkinson die Motorik. J. Weigel, Wernau
Abschreckungspolitik
„Ganz große Koalition für mehr Repression“, taz v. 13. 12. 18
Das Problem an diesen ganzen neuen Polizeigesetzen ist, dass die „Tausende“ abgeschreckt werden, ihr Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit auszuüben. Sie haben Angst, kriminalisiert zu werden. Die Polizei mit immer mehr Befugnissen auszustatten und sie zu militarisieren, ist eine gefährliche Tendenz. Schon jetzt können sich die Polizeibehörden nicht davon freisprechen, Personen zu beschäftigen, die entgegen ihrem Amtseid handeln. Dass der CDU nichts anderes einfällt, war mir schon klar. Dass aber die SPD dabei noch mitmacht, enttäuscht mich wieder einmal. Udo Siebrasse, Gelsenkirchen
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