Brücke wird Nadelöhr

Die Brücke der A27 über die Lesum ist marode. Sie muss teilweise gesperrt werden. Vor allem für den Schwerlast-Verkehr von und nach Bremerhaven wird das ein Problem

Nie Stau: Fuß- und Radbrücke im Bürgerpark Foto: Jaspersen/dpa

VonJean-Philipp Baeck

Sie tragen keine Schuld und doch hatten die Vertreter des Verkehrsressorts am Dienstag betretene Gesichter: Ein Teil der Brücke der Autobahn 27 über die Lesum sei „nicht ausreichend tragfähig“, erklärte Brigitte Pieper, die Leiterin des Amts für Straßen und Verkehr. Man müsse sie „dem Verkehr entziehen“.

Konkret heißt das: Der Stahl der Träger unter dem 69 Jahre alten Teil der Autobahnbrücke, der in Richtung Walsrode führt, ist marode. In den nächsten Tagen werden die sechs Spuren deshalb auf vier reduziert und über den anderen Brückenteil geleitet.

An der Lesumbrücke bedeutet die Einschränkung für PKW und LKW nun, dass es enger wird an einer Stelle, wo es sich zwischen der Ausfahrt Industriehäfen und Ihlpohl zu Stoßzeiten ohnehin regelmäßig staut. Erst 2005 wurde das Autobahnstück von vier auf sechs Spuren erweitert. Und: Einige große und schwere Transporte dürfen die Brücke nun gar nicht mehr passieren – abhängig von der Last ihrer Achsen und der Frage, wie eng diese zusammen liegen.

Vor allem für den Güterverkehr von und nach Bremerhaven ist das ein sensibles Thema. „Es geht nicht nur um die Windkraftbranche“, sagte Volker Heigenmooser, Sprecher des Bremerhavener Magistrats. „Eine der Spezialitäten der Bremischen Überseehäfen ist ‚High and Heavy‘ und diese Ladung ist eben meistens nicht nur groß sondern auch wirklich schwer.“

Auch Olaf Orb von der Bremer Handelskammer betonte die Bedeutung der Autobahn für den Wirtschaftsverkehr Bremerhavens und Cuxhavens. „Wir müssen schnell Antworten finden, wie die schwere Ladung überhaupt den Hafen erreichen kann“, sagte er. „Da erwarten wir Lösungen für die betroffenen Branchen, für Maschinen- und Anlagenbauer und die Windenergie-Branche.“ Dass es überhaupt so weit gekommen ist, sei aber kein Bremer, sondern ein bundesdeutsches Phänomen. „Wir haben unsere Infrastruktur viel zu lange auf Verschleiß gefahren“, sagte Orb.

Weil der Verkehr zugenommen hat und Lastwagen schwerer wurden, müssen tatsächlich viele Brücken in Deutschland saniert werden – früher als nach den 80 Jahren, für die sie einst geplant waren. Laut Bundesverkehrsministerium haben deutschlandweit rund 2.500 Brücken dabei „hohe Priorität“.

An Brücken hat Bremen insgesamt 760, wovon rund 280 dem Bund gehören. Alle Brücken werden regelmäßig überprüft.

Priorität bei der Überprüfung haben rund 120 Brücken, das sind die Brücken der A1 und der A27, über die Weser und dann die der Bundesstraßen.

Die Teile der Autobahnbrücke über die Lesum wurden 1949, 1956 und 1973 gebaut. Täglich befahren wird sie von etwa 72.000 PKW, knapp 6.000 LKW und 100 Schwertransportern.

Die vorläufigen Verkehrs-Einschränkungen der Lesumbrücke über die A27 dauern mindestens bis Frühjahr 2019.

Die Kosten für den vermutlich nötigen Brückenneubau übernimmt der Bund. Die Planung muss Bremen bezahlen.

Ein Neubau dauert laut Amt für Straßen und Verkehr bis zur Fertigstellung zehn bis zwölf Jahre.

Aufgefallen ist das Problem an der Lesumbrücke bei einer Materialuntersuchung, die Bremen regelmäßig durchführt. Schäden an den Trägern hat vor allem das älteste Stück der Brücke, das 1949 gebaut wurde und in Richtung Walsrode führt. Die anderen Brückenteile sind von 1956 und 1973.

An allen Hauptträgern stehen nun laut Amt „vertiefende Materialprüfungen“ an, Schweißnähte müssen mit Ultraschallgeräten untersucht und die Träger womöglich geröntgt werden. Ergebnisse erwartet die Behörde im Frühjahr 2019. Erst danach soll klar sein, ob die Brücke wieder voll freigegeben werden kann, was unwahrscheinlich ist, oder man sie womöglich mit Ausbesserungen noch ein paar Jahre erhalten kann.

Ein Neubau allerdings scheint unumgänglich. Das Amt beginnt daher jetzt schon mit den Planungen. Fertiggestellt würde eine neue Brücke dann erst in zehn bis zwölf Jahren – Verzögerungen durch mögliche Klagen von Naturschutzverbänden sind schon eingeplant.