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Stefan Schaaf über die „Progressive Internationale“Bündnis um des Bündnisses willen

Man hat sich kräftig Mut gemacht in Burlington, Vermont, an diesem Wochenende. Ein Strategietreffen von Aktivist*innen der Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders wurde um internationale Gäste ergänzt: Yannis Varoufakis, der ehemalige griechische Finanzminister, und Ada Colau, die linke Bürgermeisterin von Barcelona, waren angereist. Es brauche eine „Internationale Progressive Bewegung“ oder gar einen „linken Populismus“, fand man.

Varoufakis bezeichnet die gewaltige Macht des Kapitals, dem es weltweit gelingt, für eine höhere Rendite politisch gesetzte Regeln zu brechen, als „Nationalistische Internationale“. Sie könne nur durch eine „Progressive Internationale“ besiegt werden. Klingt eingängig, doch damit macht man es sich viel zu leicht. Diese Sicht ignoriert die Tatsache, dass diejenigen, die für gesellschaftlichen Fortschritt kämpfen, längst vernetzt sind. Die Umwelt- und Anti-AKW-Gruppen in Europa haben schon in den 1970er Jahren Kontakte geknüpft und die Taktiken der amerikanischen Ökobewegung übernommen. Und die Strategen der überraschend erfolgreichen Sanders-Kampagne waren schon oft in Europa, um zu erklären, wie sie 2016 bei den Vorwahlen die Graswurzeln zum Sprießen brachten.

Ada Colau ist schon eher auf der richtigen Spur, wenn sie sagt, man müsse die Alternativen, die man entwickle, hinaus in die Welt tragen. Und ja, Barcelona und andere Städte tauschen sich schon seit einiger Zeit über klimafreundliche und nachhaltige Verkehrskonzepte aus. Zivilgesellschaftliche Gruppen weltweit stehen ständig in Kontakt, mit welchen Strategien Demokratie und Menschenrechte gesichert werden können. Sie müssen sich dabei in vielen Ländern gegen immer härtere Restriktionen wehren. Genau das sind die gewaltigen Probleme von heute – nicht, dass die Aktivist*Innen nicht mit anderen zusammengeschlossen wären.

„Die Welt, die wir wollen“ suchte man in Burlington. Die braucht viele gute Ideen, aber nicht noch ein Bündnis um des Bündnisses willen.

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