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Georg Ringsgwandl zum 70. GeburtstagKönig der Motherfucking Stubnmusi

Mit rotzfrechen Liedern gegen Spießbürger und Altnazis: dem bayerischen Singer-Songwriter Georg Ringsgwandl zum 70. Geburtstag.

Die dickste Nase im Showbiz: Georg Ringsgwandl Foto: Imago / HMB Media

Es ist doch ein Wunder, dass Bayern immer noch nicht komplett zersödert, verseehofert und abgestoibert ist. Falls das stimmt – obwohl die meisten Meldungen aus Bayern in diesen Tagen was anderes erzählen, ich weiß schon –, dann haben wir das ein paar Leuten wie dem großen Singer-Songwriter Georg Ringsgwandl aus Bad Reichenhall zu verdanken, der heute 70 Jahre wird.

Als ich ihn 1978 zum ersten Mal auf der Bühne erlebte, war nicht damit zu rechnen, dass er so lange durchhalten würde. Er war eine hyperventilierende Ein-Mann-Attacke, Deckname „Der Gurkenkönig aus Mittenwald“. In Taucheranzug, mit grüner Perücke und im Rock der Oma krakeelte und kreischte er und verhaute seine Gitarre. „Total ausgeflippt“ nannte man das damals. Aber auch ein echter Schock im ordentlichen Bayern, in dem sich kaum eine Punkband so aufführte wie dieser Irrenhaus-Kandidat. Wahrscheinlich hat „Gurkenkönigs Hausfrauen-Show“ nicht nur mein Leben zerstört.

Ringsgwandls Anfänge waren von Romy Haags Travestieshow und vom linken US-Politclown Django Edwards inspiriert. Und sein Krawall war „eine Rebellion gegen dieses verzopfte Liedermacherzeug“, gegen die musikalische Ahnungslosigkeit der Kleinkunstszene (die sich ja bis heute gut erhalten hat). Und er ließ die Sau raus, weil er einen Ausgleich zu seinem Beruf brauchte: Er war ein Dr. med., Kardiologe, Oberarzt.

Unterste Unterschicht

Er hatte außerdem einen Background, den wir in der deutschen Literatur- und Songschreiberbranche selten antreffen: Er kam aus der untersten Unterschicht, wo Deutsch eine Fremdsprache war und er mit 14 seinen Vater „umbringen wollte, sollte er mich noch einmal verprügeln. Er muss es irgendwie gerochen haben.“ So viel zur Frage, warum er so ein derber Hund sein kann.

Seit 1986 erschienen seine Crazy-Wave-Rock-Alben auf dem Trikont-Label und waren erfolgreich mit „rotzfrechen Liedern gegen Spießbürger und Altnazis“ (Spiegel). Sah so aus, als würde er so weitermachen, bis ihn Nina Hagens Ufo abholte. Ehe er 1993 mit seinem vierten Album „Staffabruck“ zeigte, was er noch draufhatte: Ringsgwandl allein mit Gitarre, melancholisch, autobiografisch, keine Rap-Parodien und Klamauk, exzellenter bavarifizierter Countryfolk (by the way ein Jahr vor Johnny Cashs Solo-Comeback).

Längst komponierte Songs, an die er sich öffentlich nicht rangetraut hatte, weil sie gegen sein „Punk-Qualtinger“-Image liefen, bis ihm Trikont-Chef Achim Bergmann die entscheidende Verstärkung gab. Ironie des Schicksals: Danach Split mit Trikont.

Funky Soulbluesbasis

Die Lofi-Produktion „Staffabruck“ war ein unerwarteter Erfolg und ist ein Meilenstein deutsch-bayerischer Songwriterkunst. Und sie riss dem Ringsgwandl, der zu der Zeit seinen Job als Arzt aufgab, neue Türen auf, er fing an, Theaterstücke und Bücher zu schreiben, die an den Münchner Kammerspielen und beim Bachmann-Wettbewerb landeten. Vor allem aber war „Staffabruck“, mit seiner Entdeckung der Ernsthaftigkeit, ein musikalischer Input, der Ringsgwandls Sound und Songwriting bis heute prägt und ihn so herausragend macht. Er ist fern von den Ambitionen seiner bekannten Altersgenossen, die stadiontauglichen Bombast-Rock machen, gern mit smarten Elektronik-Signalen, damit man nicht denkt, sie würden Lady Gaga nicht kennen, hallo? Während sich Ringsgwandl seit Jahren in immer bessere schlichte Quartett-Bands einbaut, die auf einer funky Soulblues-Basis nur mal so zu jammen scheinen.

Ringsgwandl ist fern von den Ambitionen seiner bekannten Altersgenossen

Seine jüngeren Alben wie „Untersendling“ und „Woanders“ sind von überwältigender musikalischer Lässigkeit. Das geht weit über instrumentale Fähigkeiten hinaus, das geht nur mit dieser Art Seele, die nicht hinter jedem Verstärker rumliegt. Keine Angeber­rock­attitüde nirgendwo.

Große Musik, große Texte, die oft von dort erzählen, wo er herkommt, seien es die „Krattler aus Minga“ oder die Abgehängten aus der „Oberpfalz“. Gesungen von einem würdevollen älteren Herrn, der gelegentlich auch allein zur Zither vorträgt, von dem die rechten Bayern von AfD bis CSU schon gar nichts erwarten können (seine bodenständige Sprache ist ein starkes Mittel gegen sie). Ein Sänger, der seinen Pessimismus im Angesicht der Welt nicht zu groß werden lassen möchte und jederzeit mit derbem Humor dreinhauen und live durchdrehen kann.

Eines Abends träumte Ringsgwandl, er würde mit dem verstorbenen Motörhead-Lemmy eine „motherfucking Stubnmusi“ spielen. Möge ihm dieser Wunsch erfüllt werden, möge es bis dahin aber noch ewig dauern! Denn wir brauchen den Mann hier, und daran wird sich so schnell nichts ändern. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

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