Spendenaffäre der AfD weitet sich aus

Am Freitag berät der Bundesvorstand der Partei über dubiose Zahlungen an den Kreisverband von Fraktionschefin Alice Weidel. Neuer Fall aus Belgien

Illegale Geldflüsse, gekaufte Facebook-Likes: Alice Weidel in Erklärungsnot Foto: Gregor Fischer/dpa

Von Sabine am Orde

Die Sitzung des AfD-Bundesvorstands an diesem Freitag dürfte spannend werden. Das Gremium trifft sich am Vormittag in Magdeburg, weil hier ab nachmittags der Bundesparteitag die KandidatInnen für die Wahl zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr aufstellen will. Zuvor aber muss sich der Bundesvorstand mit der Spendenaffäre um Fraktionschefin Alice Weidel befassen.

Am späten Mittwochabend räumte die AfD in einer Presseerklärung eine zweite dubiose Großspende ein. Diesmal soll das Geld aus Belgien kommen. Laut AfD sind im Februar 150.000 Euro auf das Konto von Weidels Kreisverband am Bodensee eingegangen. Der neue Spender: eine Stiftung mit dem Namen „Stichting Identiteit Europa“ (Stiftung Identität Europa).

Weil der Kreisverband weder die Spenderidentität noch die Spendermotivation zweifelsfrei feststellen konnte, habe man entschieden, das Geld zurückzuschicken, so die AfD. Deshalb habe man auch die Bundestagsverwaltung nicht informiert. Zurücküberwiesen aber wurde das Geld nach Angaben der AfD erst am 9. Mai – also fast drei Monate, nachdem es angekommen war. Großspenden über 50.000 Euro müssen unverzüglich bei der Bundestagsverwaltung angezeigt werden.

Weidels Kreisverband hatte bereits im Jahr zuvor 130.00 Euro aus der Schweiz erhalten, gestückelt und mit dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende Alice Weidel“ versehen. Dies hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung aufgedeckt. Von dem Schweizer Geld sollen die Kosten für einen Medienanwalt und der Kauf von Facebook-Likes für Weidel bezahlt worden sein, Ende 2017 sollen nur noch 107.000 Euro auf dem Kreiskonto gewesen sein. Im April wurde die gesamte Spende rücküberwiesen.

Die Staatsanwaltschaft Konstanz hatte bereits vor dem Bekanntwerden des belgischen Falls erklärt, gegen Weidel und einige andere AfD-Mitglieder wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Parteiengesetz ermitteln zu wollen, nun prüft sie auch den belgischen Fall. Anders als im Falle der Schweiz ist eine Spende aus Belgien nicht per se illegal, weil das Land EU-Mitglied ist.

Intern prüft derzeit AfD-Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann den Vorgang, er soll am Freitag dem Bundesvorstand berichten. Zudem hat die AfD Karl Albrecht Schachtschneider mit der Prüfung betraut, einen emeritierten neurechten Staatsrechtsprofessor, der auch im Kuratorium der AfD-nahen Stiftung sitzt. Schachtschneider teilte bereits am Mittwochabend mit, er sehe keinerlei Fehlverhalten bei Weidel. Aus der Partei ist zu hören, dass vor dem Parteitag nicht mit Konsequenzen zu rechnen sei. Der Bundesvorstand hat bis Freitag Stillschweigen vereinbart.

Dass Weidels Spendenaffäre nun den Parteitag überschattet, dürfte weder Parteichef Jörg Meuthen noch Guido Reil, dem AfD-Vorzeigemalocher aus Nordrhein-Westfalen, gefallen. Meuthen, der als einziger AfD-Politiker derzeit im Europaparlament sitzt, will im Mai auf Listenplatz 1 kandidieren, Reil strebt eine Kandidatur auf Listenplatz 2 an. Beide haben selbst Erfahrung mit dubiosen Spenden aus der Schweiz. Die Goal AG, ein Schweizer Unternehmen, hat für beide kostenlose Wahlwerbung gemacht, die Bundestagsverwaltung prüft derzeit noch, ob es sich dabei um „unzulässige Spenden“ handelt.