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BOXHAGENER PLATZDer gute Fleischer

Während er die Würstchen wog, plauderte ich mit seiner Frau

Ohne besonderen Grund hatte ich einige Wochen lang Fleischer Rast auf dem samstäglichen Markt auf dem Boxhagener Platz keinen Besuch abgestattet. Wir kennen uns mittlerweile recht gut, nachdem wir im vergangenen Jahr Geschäfte miteinander gemacht haben. Ich hatte ihm für seine heranwachsende Tochter die Jugendromane mitgebracht, die ich geschrieben habe. Statt die Bücher zu bezahlen, packte Fleischer Rast jedes Mal so viele Steaks ein, wie die Bücher in seinen Augen wert waren. Er hat sich nie lumpen lassen. Aber nach vier Büchern war Schluss. Mehr habe ich nicht geschrieben.

„Na“, fragte Fleischer Rast, als ich mich wieder bei ihm blicken ließ, „haste ein neues Buch geschrieben?“ Ich schüttelte den Kopf und ließ meinen Blick über die gut abgehangenen Steaks gleiten, die vor mir lagen. „Ich zahle heute mit profanem Geld“, entgegnete ich und verlangte drei Paar Wiener Würstchen für die Kartoffelsuppe, die ich machen wollte. Während er die Würstchen wog und einpackte, plauderte ich mit seiner Frau. Beim Bezahlen kam mir Fleischer Rast sehr entgegen. Er hatte den Preis für die drei Paar Würstchen auf sagenhafte zwei Euro abgerundet. Vergnügt verabschiedete ich mich.

Am Nachmittag machte ich die Kartoffelsuppe, und am Abend, als ich sie essen wollte, nahm ich das Päckchen von Fleischer Rast aus dem Kühlschrank. Dafür, dass die Tüte mit den lustigen Schweinchen nur drei Paar Wiener Würstchen enthielt, kam sie mir plötzlich ziemlich schwer vor. Kaum hatte ich die Würstchen herausgeholt, wusste ich, warum. Darunter kam ein großes Steak zum Vorschein! Das musste der Fleischer hineingeschmuggelt haben, als ich mit seiner Frau sprach. Ich ließ die Suppe Suppe sein und warf das Fleisch in die Pfanne. Es hat wunderbar geschmeckt. Schon allein aus diesem Grund muss ich unbedingt bald ein neues Buch schreiben. BARBARA BOLLWAHN

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