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SPORTPLATZFlucht aus dem Tabellenkeller

FUSSBALL Beim Derby 1. FC Union gegen Energie Cottbus gelingt den Eisernen ein triumphales 3:1

Die Fans des 1. FC Union unter den 16.750 Zuschauern im Stadion Alte Försterei in Köpenick bejubelten am Samstag den krönenden Abschluss der Fußball-Trilogie „Flucht aus dem Tabellenkeller“. Binnen acht Tagen, einer sogenannten englischen Woche, hatten die Eisernen an drei Spieltagen sieben Punkte auf ihr zuvor fast gähnend leeres Zweitliga-Konto überwiesen und sich damit ein Stück weit vom Ende des Feldes abgesetzt. Nach dem Heimsieg über den 1. FC Köln (2:1) und dem Remis bei Erzgebirge Aue (1:1) gelang jetzt ein 3:1-Triumph im Berlin-Brandenburg-Derby gegen Energie Cottbus.

„Wir müssen uns bei Daniel bedanken“, sagte anschließend Unions Stürmer Simon Terodde, der Schütze zum 1:0-Führungstreffer der Berliner. Dieser Daniel, mit Nachnamen Haas und von Beruf Torhüter Unions, hatte beim Zwischenstand von 2:1 für die Eisernen in der 71. Spielminute einen Foulelfmeter des Cottbusers Boubacar Sanogo gemeistert. „Wäre der Elfmeter reingegangen, wäre das Spiel anders gelaufen“, trauerte Energie-Abwehrspieler Uwe Hünemeier später der vergebenen Großchance nach.

Der gelobte Haas wollte sich nicht als Matchwinner aufführen und gab die Meriten weiter an Unions Spielführer Torsten Mattuschka. Der Kapitän hatte dem Torhüter vor der Exekution des Strafstoßes Tipps über die Schussgewohnheiten Sanogos verraten. „Tusche“, berichtete Haas, „kam vorher vorbei und sagte, er hat das Gefühl, dass Sanogo nach links schießt.“ Und so kam es dann auch. Weil Haas seinem Spielführer gehorchte, wie es sich für einen guten Profi geziemt, fischte er den Ball aus der anvisierten linken Torecke.

Ausgerechnet Mattuschka, mögen Gästefans aus Brandenburg geklagt haben. Denn Unions Leader ist in Cottbus geboren und hat für Energie gespielt, bevor er in die Alte Försterei wechselte. Doch die Energie-Supporter hätten wissen müssen, dass sie nicht mit „Tusches“ Mithilfe rechnen konnten, falls sie das Stadionheft aufmerksam studiert hätten. In der Hochglanzbroschüre hatte Mattuschka im Vorwort beteuert: „Natürlich ist Cottbus ein Stück Heimat für mich, denn da komme ich her. Aber darum muss sich niemand Sorgen machen. Ich weiß ganz genau, wo ich hingehöre. Mein Herz schlägt eisern!“

Zwei andere Spieler fanden sich am Samstag dort wieder, wo sie um diese Zeit, etwa 20 Minuten vor Ende des Derbys, nicht hingehört hätten. Zunächst erteilte Schiedsrichter Deniz Aytekin dem Unioner Fabian Schönheim einen Platzverweis, weil der Verteidiger seinen Gegenspieler Sanogo gefoult hatte, was zu dem erwähnten Elfmeterdrama führte. Ausgerechnet Schönheim, der Pechvogel, der zuvor in Aue ein Eigentor fabriziert hatte. Sein Trainer Uwe Neuhaus ging davon aus, dass der Unglücksrabe das neuerliche Malheur mannhaft wegsteckt. „Ich glaube schon, dass er stabil ist.“

Für ausgleichende Gerechtigkeit und Personalstärke sorgte in der Alten Försterei der Cottbuser Daniel Adlung, dem Aytekin fünf Minuten später ebenfalls die Rote Karte unter die Nase hielt. Der Torschütze zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich (50. Minute) soll den Adjutanten dies Schiedsrichters angegiftet haben. „Es war wohl ein Kommentar, den der Linienrichter gehört hat“, erklärte Energie-Sportdirektor Christian Beeck.

So blieb es im heiß umkämpften Derby den Union-Youngsters Christopher Quiring (55.) und Björn Jopek in der Nachspielzeit vorbehalten, mit ihren Treffern den 3:1-Heimsieg zu erzielen. Quiring wollte bei seiner Auswechslung kurz vor Spielende gar nicht vom Platz gehen, ohne sich gebührend von den feiernden Union-Anhängern auf der Gegentribüne gebührend zu verabschieden. Aytekin musste den Flügelflitzer vom Arbeitsplatz drängen, diesmal unter Vermeidung der ominösen Roten Karte.

Ende gut, alles gut für Union. Zumindest bis zum Freitagabend, wenn die Eisernen beim FC St. Pauli in Hamburg gastieren. JÜRGEN SCHULZ

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