Paprika statt Adrenalin

Schön ärgern über den ausgefallenen Literaturnobelpreis

Erster Donnerstag im Oktober. 13 Uhr. Und etwas fehlt. Seit Jahren steigt zu diesem Termin das Adrenalin, denn üblicherweise wird jetzt der Literaturnobelpreis verkündet. Nun gut, dieses Jahr ging man halt essen (es gab gefüllte Paprika, lecker). Der Nobelpreis fiel aus.

Dafür steigt die – unschönere – Spannung, ob sie in Stockholm das mit dem Nobelpreis überhaupt noch mal hinkriegen werden. Jean-Claude Arnault, der Mann des Akademie-Mitglieds Katarina Frostenson, wurde wegen Vergewaltigung zu zwei Jahren Haft verurteilt – und man fragt sich, ob die Akademie, die auf vielfältige Weise mit ihm verbandelt war und ist, das überhaupt so richtig realisiert. Diejenigen Mitglieder, die das bisherige System kritisierten, haben sich zurückgezogen. Von denen, die blieben, stecken viele mit Arnault und Frostensen in derselben Seilschaft. Fragwürdig, dass ihnen eine Erneuerung gelingt. In der SZ stand zu lesen, dass die Nobelstiftung schon darüber nachdenkt, den Preis in die Hände einer anderen Institution zu geben. Wäre vielleicht auch keine schlechte Idee, käme aber einer Neugründung gleich. Die dauern kann.

Man kann nur hoffen. Inhaltlich jedenfalls standdn schon viele Zeichen auf Erneuerung. Zuletzt haben Swetlana Alexijewitsch, Bob Dylan und Kazuo Ishiguro den Preis bekommen, drei ganz unterschiedliche Autorentypen also – die große Vielfalt aktueller Literaturansätze war repräsentiert. Wäre doch schade, wenn es den Preis gar nicht geben würde. Oder wenn er wieder literaturkonservativer würde. drk