Hajo Schiff Hamburger Kunsträume: Ein dehnbarer Begriff
In der Hamburger Kunsthalle ist die Romantik prominent vertreten. Deren Traum von der Beseelung der Welt, von der Einheit zwischen Natur und Kunst und von der besonderen Rolle des Künstlers gehört mit zum Hintergrund der Hamburger Künstlerin Lili Fischer, der am Sonntagmittag in der Kunsthalle eine Matinee-Vernissage ausgerichtet wird.
Es geht um einen Rückblick auf ihr umfangreiches zeichnerisches Werk: „Alles beginnt mit der Zeichnung. Über das Zeichnen lerne ich die Torfstruktur, die Wolken, den Nachtfalter kennen. Über das Zeichnen erarbeite ich mir Choreografien, Raumteilungen und Zeitabläufe“, sagt die Documenta-geadelte Performerin, promovierte Ethnologin und Hochschulpädagogin, die mit zu den Ersten gehörte, die in den 1970er-Jahren das Konzept der Feldforschung in die Kunst übertragen hatten.
Ihre Zeichnungen sind Studien, Skizzen und Collagen – aber auch „Drehbücher“ für Aktionen, wie ihre im erweiterten Kunstbegriff und mit Publikumsbeteiligung aufgeführten Kräuter-Hexentänze, mit denen sie sogar schon in Parlamenten irritierte.
Kunst ist ein sehr dehnbarer Begriff geworden. Einst aber musste sogar die Fotografie darum kämpfen, als Kunst wahrgenommen zu werden. Doch ohne die optischen Bildhandwerker gäbe es manche wertvollen künstlerischen Foto-Arbeiten heute nicht. Schon 1842, nur fünf Jahre nach der Erfindung der Technik, wurden Daguerreotypien von den Ruinen des großen Hamburger Brandes gemacht.
Später hat die Baudeputation gezielt fotografische Stadtdokumentationen beauftragt. So hat Georg Koppmann (1842–1909) am Ende des 19. Jahrhunderts die Entwicklung Hamburgs zur Großstadt systematisch abgebildet. Um nun auch den aktuellen Wandel der Stadt mit zeitgenössischen Mitteln aus einer künstlerischen Perspektive zu dokumentieren, hat die Stiftung Historische Museen einen neuen Fotopreis ausgeschrieben.
Der „Georg-Koppmann-Preis für Hamburger Stadtfotografie“ soll jährlich als mit 8.000 Euro dotiertes Arbeitsstipendium international vergeben werden. (Bewerbungen unter dieser Internetadresse: www.shmh.de/fotopreis). Auf dass der Ruhm des Stadtbilds der „Freien und Abrissstadt“ in Erinnerung an alte Zeiten auch virtuell weiter wachse – ohne gleich 800 Millionen für ein Konzerthaus auszugeben.
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