das wird der monat, der wird (10): Destabilisierte Pinguine
Vorschau: Heute mit Irritationen auf Krefelder Eis und einem Sommereinbruch in den Alpen
Paris, 1. Oktober. US-Golfstar Tiger Woods, in der Vorwoche noch triumphaler Turniersieger, macht einen freiwilligen nationalen Cut. Einen Tag nach der schmerzlichen Niederlage im Ryder Cup gegen Team Europa erklärt er frustriert, er könne noch so gut in Form sein, „aber sobald Ryder Cup gespielt wird, versage ich. Deshalb möchte ich nie wieder nominiert werden.“ Woods nennt das seine „golferische Depatriotisierung“.
Krefeld, 5. Oktober. Standing Ovations im Eisstadion bei den Fans der Krefeld Pinguine im Spiel gegen Straubing: Die Bandenwerbung für die Mittelmeer-Lebensretter Seawatch ist noch einmal erweitert worden. Nur die CDU-Mittelstandsvereinigung checkt dazwischen; sie sieht einen befremdenden „Versuch von Politpopulismus“: Sponsoren ließen „sich schnell verschrecken, wenn sie vor fremde Karren gespannt werden. Krefeld schadet das“, schreibt ihr Sprecher Prof. Peter Vau und unkt: „Sollen die Pinguine weiter destabilisiert werden?“ Eine Seawatch-Sprecherin dazu: „Wir wünschen den kleingeistigen Krämerseelen allzeit Mast- und Schotbruch. Und jemanden, der die armen Seelen wieder dicht holt.“
Aachen, 6. Oktober. Die ortsansässige Alemannia kommt nach der nächsten Pleite (0:2 auf dem Tivoli gegen den Lippstadt 08) nicht vom Tabellenende der Regionalliga West weg. „Wir planen, den Adelstitel Traditionsklub demütig abzulegen“, so ein beschämter Klubsprecher, „jedes Festklammern wäre eine Verhöhnung der Fußballhistorie.“ Schönster Saisonerfolg bislang: Das Vermeiden einer Heimniederlage neulich gegen Neuling 1. FC Kaan-Marienborn durch ein Tor in der 95. Minute.
Brüssel, 12. Oktober. Erneut gewinnt der Weltmeister der Herzen ein Nations-League-Spiel mit 3:0. Nach Island fertigen die belgischen Roten Teufel diesmal die überforderte Schweiz ab, der auch drei Bundesliga-Torhüter wenig helfen. Der dreifache Torschütze Eden Hazard begeistert mit der Wendigkeit einer Ringelnatter, gegen die Lionel Messi beweglich wie ein Eichen-Monopod im Hambacher Wald wirkt. Hazard gilt als bester Fußballer aller Zeiten, dem das WM-Etikett „Bester Spieler des Turniers“ verweigert und der nicht mal in die Auswahl zum Weltfußballer nominiert wurde. „Ich würde ihn zum König des Kosmos küren“, sagt Teamkamerad Kevin De Bruyne.
Amsterdam, 13. Oktober. Die Neuerfindung der DFB-Elf macht mühsame Fortschritte. Timo Werners Forderung, die Spieler sollten bei Tisch „das Handy weglassen, bis alle aufgegessen haben“, wird zunächst durch Hungerstreik unterlaufen. „Wer nicht aufisst, kommt auf die Bank“, schimpft Coach Joachim Löw und erklärt seine neue Philosophie, die sich „wieder mehr an der guten deutschen Tradition von Turnvater Jahn ausrichtet“. Das tapfere 0:0 gegen Holland am Abend mit sechs gelernten Innenverteidigern („allesamt gute Esser“) stellt alle zufrieden. Einen Pressschlag im Mittelfeld wertet die Uefa nachher sogar als Torschuss.
Sölden, 28. Oktober. Traditionell mit einem Riesenslalom soll der Skiweltcup beginnen. Bei 23 Grad schaffen auch die besten Schneekanonen nur erfrischenden Nieselregen. „Der dauerhafte Sommereinbruch“ zwingt die Organisatoren zum Umdenken: Es gibt ein Vielfältigkeits-Event aus Sonnenbaden, Almenmarathon bergab, Badelatschen-Slalom und einem Freibad-Fünfkampf.
Montreal/Moskau, 29. Oktober. Nachdem die Wada im September „die russischen Kollegen“ rehabilitiert hatte, beruft sie jetzt Wladimir Putin zum Berater. IOC-Chef Bach: Dies könne „ein neues Gleichgewicht des Schreckens kreieren“. Bernd Müllender
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