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Unterhalten nimmt er ernst

Italienischer Blick aufs Mittelmeer: der Pianist Stefano Bollani in der Philharmonie mit „Mediterraneo II“

Von Tim Caspar Boehme

Er könne kein Deutsch, so liest er zur Begrüßung gut verständlich von einem Zettel ab. Zum Beweis brabbelt er dann einige unverständliche Laute ins Mikrofon, die leicht deutsch artikuliert wirken. Der italienische Pianist Stefano Bollani hat ein intimes Verhältnis zum Quatsch, das sich vorwiegend in seinen musikalischen Darbietungen niederschlägt, auch bei seinem Konzert im Kammermusiksaal der Philharmonie am Donnerstag. Pedantisch eingehaltene Pausen, wettkampfartiges Wechselspiel mit seinen Mitstreitern auf der Bühne oder gelegentliches Maßregeln der Kollegen, wenn sie vermeintlich nicht ganz den an sie gestellten Erwartungen entsprochen haben.

„Mediterraneo II“ nennt der Jazzmusiker sein Programm, bei dem er im Trio mit Bass und Schlagzeug, verstärkt durch den Franzosen Vincent Peirani am Akkordeon, überzeugend demonstriert, wie sich über seine Landsleute Paolo Conte, Nino Rota, Ennio Morricone oder Claudio Monteverdi improvisieren lässt. Bollani, der sein Erfindungsgeschick schon an Songs von Frank Zappa oder den Beach Boys erprobt hat, konzentriert sich diesmal auf das Mittelmeer von der Apennin-Halbinsel aus betrachtet. „Azzuro“ gehört genauso dazu wie die „Fortunella“-Filmmusik Rotas, die dieser später noch einmal für „Der Pate“ überarbeiten sollte, oder Rossinis „Barbier von Sevilla“.

Dass sich nichts davon in gediegener Italianità erschöpft, verdankt sich Bollanis anarchischem Verständnis vom Umgang mit seinen Vorlagen und vom Ensemblespiel. Auf höchstem Niveau wird blitzschnell reagiert, sich angefeuert oder unvermittelt der Stecker gezogen. Sehr zur Freude aller Beteiligten. Besonders der dänische Schlagzeuger Morten Lund gerät immer wieder ins Grinsen. Das Publikum im vollbesetzten Haus zeigt sich ansteckungsbereit.

Das Mittelmeer als Kulturraum bekam durch die Vorband Nes aus Spanien eine erweiterte Perspektive. Das Trio der französisch-algerischen Cellistin und Sängerin Nesrine Belmokh, des französischen Cellisten Matthieu Saglio und des spanischen Perkussionisten David Gadea kombinierte Elemente von Chanson und nordafrikanischer Rhythmik zu unauffällig komplexer Kammermusik. Zusammengeführt wurden alle Musiker dann in der Zugabe, für die Bollani ein „universales“ Stück wählte, den 1983 in San Remo präsentierten europäischen Hit „L‘Italiano“ von Toto Cutugno. Unter Bollanis Regie blieb vom Schnulz-Original dankenswerterweise wenig übrig.

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