das portrait: Kompetent und kämpferisch: Leana Wen,Planned Parenthood
Kaum eine Organisation in den USA steht seit Jahren so sehr im Fadenkreuz rechter, klerikaler und republikanischer Angriffe wie die Familienplanungsstiftung Planned Parenthood. Jetzt bekommt die 1921 als American Birth Control League gegründete Stiftung, die mit über 600 Kliniken in den gesamten USA vor allem arme PatientInnen bei Fragen der Familienplanung berät und versorgt, aber auch Abtreibungen durchführt, eine neue Präsidentin: Die erst 35 Jahre alte Leana Wen tritt im November die Nachfolge Cecile Richards an, die nach zwölf Jahren aus dem Amt scheidet.
Anders als Richards, die als frühere Kongressmitarbeiterin direkt aus dem politischen Washington an die Spitze von Planned Parenthood kam, ist Wen selbst Ärztin. Seit 2014 ist sie Gesundheitsbeauftragte der Stadt Baltimore, wo sie ein Jahresbudget von 130 Millionen Dollar verwaltet und einen Apparat mit 1.000 Angestellten leitet. In dieser Funktion geriet sie im vergangenen Jahr auch mit Präsident Donald Trump aneinander: Als der Aufklärungsprogramme zur Vorbeugung ungewollter Teenagerschwangerschaften zusammenkürzen wollte, bewog Wen die Stadt, dagegen zu klagen. Trump unterlag.
Wen, 1983 im chinesischen Shanghai geboren, kam mit acht Jahren in die USA, als ihre Eltern nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz dort politisches Asyl beantragten. Mehrmals in ihrem Leben, sagt Wen, die in Kalifornien aufwuchs, habe sie selbst auf die Hilfe von Planned Parenthood zurückgreifen müssen – sie wisse „aus eigener Erfahrung, welch lebensrettende Arbeit gerade in den ärmsten Communities“ die Organisation leiste.
Dafür wird sie kämpfen müssen: Es ist erklärtes Ziel der Republikaner, alle Bundesmittel für die Organisation zu streichen. Begründung: Abtreibungen. Bislang scheiterten solche Bestrebungen in der Regel an den Gerichten. Aber wenn Trump es jetzt schafft, mit Brett Kavanaugh einen weiteren konservativen Richter am Obersten Gerichtshof zu installieren, könnte es auch damit vorbei sein.
Leana Wen weiß das alles, und offenbar hat gerade ihr Kampfgeist sie zur Idealkandidatin für das PräsidentInnenamt gemacht. „Dr. Wen ist furchtlos“, kommentierte Sarah Stoesz von Planned Parenthood Minnesota, die an der Personalentscheidung beteiligt war. „Als Ärztin in der Notaufnahme hat sie heftige und akute Krisensituationen erfahren und ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, schnell und effektiv Leben zu retten.“
Mit der offensiven Vertretung von PatientInnen- und Gesundheitsinteressen jedenfalls hat sie Erfahrung: Schon während des Studiums nahm sie ein Jahr Auszeit, um sich als Vorsitzende der American Medical Student Association ganz für die Interessen der Studierenden einzusetzen. Seither ist sie stets in verschiedenen Beratungsgremien zu Gesundheitsfragen vertreten. Planned Parenthood wird in schwierigen Zeiten eine junge, dennoch erfahrene Frau an der Spitze haben, die absolut weiß, wovon sie redet. Bernd Pickert
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