Hajo Schiff Hamburger Kunsträume: Bunte böse Börsenbilder
In der Berichterstattung über Wirtschaftsthemen und auch auf den Wissenschaftsseiten gibt es manchmal diese komischen zackigen Lineamente. Es gibt offensichtlich den Glauben, mit einer steigenden oder fallenden Kurve wäre ein komplizierter Zusammenhang besser zu verstehen. Dabei werden aber oft die Korrelationen verzerrt oder mit Kausalitäten verwechselt.
Die Daten zur Menge der Wildblumenwiesen in Deutschland, der Austernproduktion in China und den Schwankungen des Goldpreises nach dem Londoner Index zwischen 1961 und 2016 vereint der Hamburger, in Berlin lebende Künstler Nick Koppenhagen als Liniendiagramme in einer tuschfarbigen, von einer Malmaschine ausgeführten Pinselzeichnung. Seine Methode, mit den oft eher verunklarenden Graphen zu arbeiten, ist ebenso eine schöne wie reflexive Verfremdung, anregend zum Weiterdenken über die Konstruktion ökonomischer Zusammenhänge, über Bereicherung und Scheitern.
Auch diese seltsame, kindlich-magische Fachsprache der Börse wird zitiert. So treten wie in einem Fantasy-Spiel auch „der Bulle“ und „der Bär“, die „weißen Soldaten“ und die „schwarzen Krähen“ auf. Die anspruchsvoll „Einige Gedichte über die Zukunft der Welt“ betitelte Ausstellung eröffnet heute um 16 Uhr in der idyllischen Trittauer Wassermühle (bis 30. September, Sa und So 11–17h). Dabei ist auch ein Diagramm, das nur einen waagerechten Strich zeigt. Es ist die Verbildlichung der „Gesamtmenge der Aufmerksamkeit, geteilt durch die Weltbevölkerung“: Leider gibt es für die immer weiter anschwellende Informationsmenge nur ein konstantes Volumen an Wahrnehmungszeit.
So muss auch in der Ende des Monats wieder beginnenden Kunst- und Kultursaison mit vielen Events ums Publikum gebuhlt werden: Am 30. August ist die Gemeinschaftseröffnung aller Galerien im Kontorhausviertel, am 31. August beginnt mit Festakt und Ausstellung im Rathaus sowie Feuerwerk über der Alster die einmonatige „China-Time“ mit 150 Terminen, darunter vielen Kunstaktivitäten (www.chinatime.hamburg.de). Am 2. September findet bei freiem Eintritt in die Ausstellungen das Sommerfest im Jenischpark mit seinen drei Museumsorten statt und am 6. September die Eröffnung des Herbstprogramms aller Galerien in der Admiralitätstraße.
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