Thomas Butler, freier Kurator und Autor: Einblick (738)
Thomas Butler ist ein aus Irland stammender Kurator, der seit zwei Jahren in Berlin lebt. Butler studierte Kunstgeschichte am Goldsmiths College in London. Anschließend lebte er für einige Jahre in Paris, wo er die kuratorische Plattform Room E-10 27 gründete. Der Name spielt auf eine modernistische Villa (1924) im französischen Roquebrune-Cap-Martin an, die lange Zeit Le Corbusier zugeschrieben wurde, obwohl diese eigentlich von der irischen Architektin Eileen Gray entworfen wurde. Momentan organisiert Butler mit Room E-10 27 Ausstellungen im Projektraum Center in Berlin. Aktuell läuft dort eine Duoausstellung von Mindy Rose Schwartz und Nina Wiesnagrotzki (s. o.).
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
Thomas Butler: „Soulnessless“ von Terre Thaemlitz im Gropius Bau. Teil der Arbeit war eine Videoinstallation, die die soziopolitischen Effekte des Katholizismus in den USA und seinen (schleichenden) Einfluss auf die Familie und das Umfeld deR Künstler*in untersucht. In der Haupthalle – und in deutlichem Kontrast zu der politisch aufgeladenen Videoarbeit – wurde die dreißigstündige, metaphysische Komposition „Canto V: Meditation On Wage Labor And The Death Of The Album“ auf einem Konzertflügel aufgeführt. Das Publikum war eingeladen, Tag und Nacht in diesem verlangsamten, elegischen Environment zu verweilen.
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?
Das XenoEntities Network macht interessante Diskussionen und Screenings. Ich habe dort einen Talk über Inhumanismus und ein Screening einer Doku über Donna Haraway besucht. Ein anderes Mal zeigte die Künstlerin Doireann O’Malley Ausschnitte ihrer großartigen Filme „Prototypes I & II“.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?
Peter Osbornes „The Postconceptual Condition“. Eigentlich ziemlich trockene ästhetische Theorie. Trotzdem ist das Lesen produktiv, denn das Buch wirft interessante Fragen zu zeitlichen Kategorien auf. Außerdem lese ich Hilton Als „White Girls“, das mir mein Boyfriend gab.
Was ist dein nächstes Projekt?
Die Aufführung eines Musikstücks des Performancekünstlers und Komponisten Billy Bultheel, die während der Berlin Art Week in einem ehemaligen Bürogebäude im Ku’damm-Karree stattfinden wird. Der Performance untersucht, wie nicht-akustische Elemente neue Umrisse für Kompositionen formen und aufgegebene, postfordistische Räume neue musikalische Handlungsmacht entfalten.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?
Meine Kaffeemühle.
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