piwik no script img

Illegale Zigaretten

Im Spannungsfeld: „Die neuen Leiden des Mädchens Kieu“

Von Marina Mai

Eine Geschichte, die zwischen Vietnam und Berlin spielt, erzählt Stefan Taeubner in seinem gerade erschienenen Roman „Die neuen Leiden des Mädchens Kieu“. Am Sonntag stellt der Jesuitenpater in der Kirchengemeinde Corpus Christi in Prenzlauer Berg sein Buch vor.

Der Roman schildert Geschichten aus einer Lebenswelt, in der Taeubner seit Jahren zu Hause ist: die Welt von vietnamesischen Flüchtlingen, die von ihren Familien nach Deutschland geschickt wurden. Seit Jahrzehnten betreut Taeubner solche vietnamesischen Migranten als Seelsorger: in seiner katholischen Gemeinde in Berlin, in Justizvollzugseinrichtungen und Abschiebeknästen in ganz Deutschland und Tschechien, in den letzten Jahren schwerpunktmäßig in Sachsen. Kaum jemand war und ist so dicht dran an den Sorgen, enttäuschten Hoffnungen und auch Freuden dieser Menschen wie Taeubner.

Sein Roman spielt in den 1990er Jahren zwischen Zentralvietnam und Berlin. Romanheld Tinh gerät in kriminelle Machenschaften rund um den illegalen Zigarettenhandel. Berührend, wie naiv das sehr einfach strukturierte „Landei“ diesen Strukturen gegenübertritt. Das Leben in Deutschland bleibt ihm fremd, unvermittelt hat er mit Schutzgelderpressungen, Zwangsprostitution und Betrug zu tun. Der Autor, der ja katholischer Seelsorger ist, vermag es, über eine unbekannte Seite der illegalen Zigarettenhändler zu erzählen: über deren religiösen Bedürfnisse und deren reiches religiöses Leben.

Der Romantitel vereint Goethe über Plenzdorf („Die Leiden des jungen Werther“, „Die neuen Leiden des jungen W.“) mit dem vietnamesischen Nationalepos „Das Mädchen Kieu“. Auch diese Geschichte wird in dem Buch erzählt, mit der alten literarischen Vorlage und neu über die Geschichte einer Protagonistin des Romans.

Auch bei der Lesung am Sonntag wird die Figur aufgegriffen: In einer Einführung spannt der Literaturwissenschaftler Truong Hong Quang den Bogen vom Roman zum Nationalepos aus dem 18. Jahrhundert, der Gitarrist Dang Ngoc Long spielt die „Kieu-Suite“.

Stefan Taeubner liest am Sonntag, 17.30 Uhr, in der Gemeinde Corpus Christi, Conrad-Blenkle-Str. 64

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen