Wentrup: Über die Grenzen des Wissens hinaus
Ende März diesen Jahres war in den Zeitungen von der Entdeckung eines neuen Organs zu lesen. Forscher vom Mount Sinai Beth Israel Medical Center in New York hatten festgestellt, dass das bislang als Interstitium bekannte Zwischengewebe eigenständige Funktionen im menschlichen Körper erfüllt. Genauere Erkenntnisse stehen noch aus, ein Befund lässt sich jedoch bereits ableiten: Wir wissen längst nicht so viel über uns, wie wir meinen. Schließlich manifestiert sich in jeder Abbildung – von Körpern wie der Welt – primär die Perspektive derjenigen, die sie gemacht haben.
Überprüfen lässt sich das derzeit bei Wentrup, wo Mariechen Danz, die sich schon seit Längerem mit Hierarchien des Wissens auseinandersetzt, einen Parcours aus Metallplatten und Organen nachempfundenen Skulpturen aufgebaut hat. Auf den Platten, bei denen es sich ihrer Anmutung nach um übergroße Datenträger oder elektronische Bauteile handeln könnte, hat Danz Weltkarten gedruckt, historische Darstellungen, geprägt vom Wissen wie auch von religiösen Vorstellungen und territorialen Interessen ihrer Zeit. Assoziativ und subjektiv hat die Künstlerin diese angeordnet, sodass man bisweilen meint, in Gesichter zu blicken. Dazwischen werfen die bunten Organskulpturen wie in Platons Höhlengleichnis Schatten an die Wand. Wissen, was heißt das überhaupt? Ein Kinderdarm aus Kunstharz liefert das vielleicht anschaulichste Bild: Buchstaben haben sich in seinen Windungen verhakt und diese verstopft – Verlernen, neu lernen dringend notwendig. (bsh)
Bis 28. 7., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Tempelhofer Ufer 22
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