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Sven-Michael Veit über relativ saubere SchifffahrtSeefahrt macht Atemnot

Es hat schon was Abstruses. Da werden in Hamburg dreieinhalb Kilometer Straße für die übelsten Dieselstinker gesperrt – und im Hafen dürfen Schadstoffe weiter munter in die Luft geblasen werden. In allen anderen norddeutschen Hafenstädten ist das Problem im Grundsatz das gleiche– in Bremerhaven, in Warnemünde und Travemünde und vor allem in Kiel, einer der dreckigsten Städte Deutschlands. „Seefahrt ist Not“, proklamierte einst Norddeutschlands Dichterfürst Gorch Fock, „Seefahrt macht Atemnot“, müsste man heute sagen.

Die Emissionen der Schiffe, vor allem Stickoxide, Schwefeloxide, Feinstaub und Ruß gefährden die Gesundheit von Menschen erheblich. Rußpartikel sind genauso krebserregend wie Asbest, und dennoch dürfen sie unbegrenzt aus den Schornsteinen quellen. Nach amtlichen Messungen in Hamburg verursachen Schiffe in hafennahen Stadtteilen 80 Prozent der Luftschadstoffe. In anderen Hafenstädten dürften die Ergebnisse ähnlich sein – wenn denn mal gemessen würde.

Deshalb sind Antriebe mit möglichst geringen Umweltauswirkungen notwendig. Das gilt zunächst für die Kreuzfahrer, die vom Image des sauberen Reisens in sauberem Wasser leben. Deshalb gibt es hier die ersten Ansätze zu einer Ökologisierung – das ist lobenswert, aber fast schon zu spät. Und es geht viel zu langsam.

Landstromanlagen oder LNG-Anschlüsse müssen in Europas Häfen, zumindest erst mal dort, verpflichtend werden; für Kreuzfahrtschiffe zunächst und dann für alle anderen Schiffe, vor allem die großen Containerfrachter. Das wären die beiden ersten Schritte, um zu verhindern, dass schwimmende Sondermüllöfen, die hochgiftiges Schweröl verbrennen, weiterhin Städte in Schmutz und Asche legen.

Dass LNG nicht der letzte Schluss ökologischer Weisheit ist, ist bekannt. Es ist eine Brückentechnologie, aber es ist in der realen Welt die beste verfügbare Option. Bis dereinst das Zeitalter der Segelschiffe wieder anbricht.

Nord

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