Offen für urbane Sounds

Seit drei Jahren trifft sich das Klassik- und Neue-Musik-Ensemble Resonanz in seinem „Resonanzraum“ mit der subkulturellen Musik der Stadt. Nun gibt’s erstmals ein Festival

Forum für den Austausch von Klassik und urbaner Musik: Der Resonanzraum im Bunker an der Feldstraße Foto: Jann Wilken

Von Hanna Klimpe

Offener Beton“ – so nennt das Hamburger Ensemble Resonanz den alten Flakbunker an der Feldstraße, in dem die ensembleeigene Spielstätte „Resonanzraum“ untergebracht ist. Seit 2014 bespielt das 18-köpfige Kammerorchester den zweieinhalbtausend Quadratmeter großen Raum, den der Hamburger Architekt Jörg Friedrich als alternative Spielstätte zur Elbphilharmonie konzipiert hat.

Das demokratisch organisierte Ensemble ohne festen Dirigenten ist seit einigen Jahren ausgesprochen engagiert dabei, klassische Musik einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die sogenannte Hochkultur will es mit anderen musikalischen Spielarten wie elektronischer Klubmusik oder spartenübergreifenden Diskussionsformaten ergänzen – und jenseits klassischer Konzertsäle präsentieren. Und wenn das Publikum nicht von selbst kommt, geht es eben dorthin, wo der Weg nicht so weit und die Zugangsschwelle niedrig ist.

In ihrer monatlichen Konzertreihe „Urban Strings“ etwa waren sie unterwegs auf dem Wilhelmsburger Deich oder in der Kirche auf der Veddel, in der Gesprächsreihe „Bunkersalon“ mäanderten gerade Schauspielhaus-Ensemblemitglied Charly Hübner und Rocko Schamoni über ihre Liebe zu Gustav Mahler.

Aber auch der Bunkerraum am Rand des Karolinenviertels soll ausdrücklich ein Ort sein, an dem ganz unterschiedliche Stile und ein diverses Publikum aufeinandertreffen. „Der Resonanzraum hat sich für das Ensemble zu einer Art Forum entwickelt, bestimmte urbane Musikszenen in Hamburg zusammenzubringen, die nicht nur hoch-, sondern auch sub- und soziokulturell geprägt sind“, sagt Tobias Rempe, Geschäftsführer des Ensemble Resonanz.

Hoch- meets Subkultur

Da lag es nahe, die Kollaborationen dieses Forums in einem Festival zu bündeln: Vom 21. bis zum 23. Juni findet erstmals ein „Resonanzraumfestival“ statt, für das das Ensemble mit Künstlern wie Derya Yıldırım von der Veddel, Bijan und Keyvan Chemirani aus Frankreich, Sokrates Sinopoulos aus Griechenland und Yannis Kyriakidis aus den Niederlanden zusammenkommt. Dazu haben die international gefeierte Berliner DJ İpek İpekçioğlu und die Hamburger DJs Sutsche und Sebastian Reier alias Booty Carrell ein breites internationales Programm zusammengestellt.

„Die Idee hinter dem Festival war, den Einzugskreis des Resonanzraums auf ein internationales Level zu heben“, sagt Rempe, der das Festival kuratiert hat. „Wir wollen weiter in der Hamburger Szene verwurzelt bleiben, die sehr bunt und vielfältig ist. Aber wir wollen auch die Möglichkeit haben, auf internationaler Basis Künstler dazuzuholen“, so Rempe.

Er verspürt bei Künstler*innen jenseits der Klassik eine große Offenheit, mit dem Ensemble Resonanz zusammenzuarbeiten: „Wir haben uns gerade auch durch ‚Urban Strings‘ Glaubwürdigkeit erarbeitet, auch in der Klubszene“, sagt er. Letztes Jahr wurde der Resonanzraum denn auch als „Hamburger Musikclub des Jahres“ ausgezeichnet. „Das hat uns besonders gefreut“, sagt Rempe. „Weil es gezeigt hat, dass ankommt, dass es uns um Kollaborationen geht und nicht um Vermittlungsprojekte.“ Wichtig sei dem Ensemble dabei, mit ernsthafter Neugier auf andere Szenen zuzugehen.

Kulturell legt das erste Festival nun einen Schwerpunkt auf den griechischen, türkischen und persischen Sprachraum. Einen politischen Bezug zur Debatte um Geflüchtete habe das nicht, eher habe man sich – auch aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit von sechs Monaten – bei der Organisation am vorhandenen Netzwerk orientiert.

„Aber natürlich geht es auch darum, dass wir selbstverständliche Verbindungen auf der kulturellen und musikalischen Ebene zeigen wollen, gerade in diesem Spannungsfeld aus von Gräben und Abgrenzungsbemühungen durchzogenen byzantinischen Raum“, sagt Rempe. Zur Eröffnung des Festivals wird die Politologin Esra Küçük vom Maxim-Gorki-Theater deshalb eine Keynote halten.

Die musikalische Spannbreite ist breit: Uraufgeführt wird unter anderem am Donnerstag das Stück „Stoff“ des Komponisten und Dirigenten Enno Poppe, der zu den wichtigsten jüngeren Vertretern Neuer Musik zählt. Am Freitag diskutieren Booty Carrell und Christos Davidopoulos über Rembetico – Blues aus der Ägäis – und legen ihn anschließend auf. Am Samstag dann präsentiert Derya Yıldırım gemeinsam mit DJ Ipek türkische Volkslieder, neu arrangiert. Und zum Abschluss gibt’s eine rauschende Party mit Booty Carrell und DJ İpek an den Plattentellern.

Do, 21. 6., bis Sa, 23. 6., Resonanzraum, Feldstraße 66