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Der Lastenfahrradguru mit der CNC-Fräse

Institutionen, Behörden und vor allem Lieferfirmen setzen vermehrt auf Lastenfahrräder: Dafür gibt es sogar Geld vom Staat. Zu Besuch bei einem Vorreiter der Branche

Von Sebastian Grundke

Till Wolfer schwingt sich auf das Lastenfahrrad und gibt Gas. Es geht den Bürgersteig entlang, dann hinunter auf die Straße. Das Fahrrad bewegt sich dabei elegant zwischen den Autos. Der 35-Jährige steigt ab und erklärt das Modell: Das Fahrrad kommt aufgrund seiner Konstruktion ohne die bei Lastenrädern übliche, dicke Mittelstange aus. Der Akku ist hinten untergebracht. Mit dem Hilfsmotor ist das Rad bis zu 30 Stundenkilometer schnell, vielleicht sogar noch schneller. Das Modell stammt aus der Manufaktur „Xyz Cargo“ von Wolfer in der Caffamacherreihe in der Hamburger Neustadt.

Wolfer geht in den hellen Verkaufsraum seines Geschäfts zurück. Überall stehen und hängen verschiedene Fahrradmodelle. Eine Leiter führt zu einer Zwischendecke. Darauf steht sein Schreibtisch. Er zeigt auf eines der an der Wand hängenden Modelle, eine Art Fahrrad-LKW mit vier Rädern und großer Ladefläche. Für das Modell gibt es Förderung vom Bund: 30 Prozent schießt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) Kunden beim Kauf zu.

Die Transporträder boomen: Zur Bafa-Förderung kommt eine kommunale Förderung. Allerdings fallen Prototypen, Sonderanfertigungen oder für den Verkauf von Waren gedachte Räder aus der Förderung heraus. Auch werden nur Räder mit Elektro-Hilfsantrieb bezuschusst. Damit ist die Förderung vor allem auf Lieferfirmen wie UPS oder DHL zugeschnitten. Die experimentieren in Hamburg, aber auch in Berlin oder Nürnberg schon länger mit den Lastenrädern.

Sogar Ikea setzt in seiner Filiale in Hamburg-Altona auf die Transporträder. Und auch Ikea baut das Angebot aus: So sind dem Unternehmen zufolge für den Hamburger Fahrradfuhrpark zwei weitere Lasten-Dreiräder bestellt. Auch drei weitere Lastenanhänger, welche die Kunden an ihre eigenen Fahrräder ankoppeln können, sollen im Jahresverlauf noch hinzukommen.

Der Konzern kooperiert dazu mit einer Fahrradfirma namens „Nüwiel“. Kleine Firmen wie die von Wolfer haben bei alledem schnell das Nachsehen. Er entwickelt auch Prototypen, baut Räder nach Kundenwünschen und hat Fahrräder als Verkaufsstände für Essen oder Getränke im Programm.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Hamburg sieht den Boom kritisch: „Die Anzahl der Lastenfahrräder steigt in Hamburg wie überall sonst auch“, heißt es bei dem Verband. Die vorhandenen Radverkehrsanlagen würden nicht mehr ausreichen, um eine verlässliche Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten. „Die Lastenräder sind wie Pedelecs oft schneller als herkömmliche Fahrräder“, heißt es weiter. Sie würden deshalb oft überholen und dafür mehr Platz brauchen.

„Der Kampf um den Platz auf der Straße ist wichtig“, sagt Wolfer. Seine Kunden sind ausgesucht: Die Hamburger Tourismusbehörde hat bei Wolfer jüngst ein Modell geordert. Das Fahrrad soll als eine Art mobiler Messestand eingesetzt werden. Rund 5.000 Euro wird es kosten. Auch das Kampnagel-Theater hat schon ein Lastenfahrrad von ihm bekommen. „Ich habe auch mal mit Amazon Kontakt gehabt für Lastenfahrräder“, sagt er dann. Er habe sich aber letztlich gegen eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen entschieden.

Fischhändler transportieren ihren Fang in Modellen mit Kühlaufbauten

Seit acht Jahren baut Wolfer in Hamburg Lastenfahrräder. Sie werden weltweit für alle möglichen Zwecke genutzt: Manche stehen in Hamburger Kitas und Schulen. In Paris ersetzen sie als mobile Imbissbuden Foodtrucks. In Kopenhagen transportieren Fischhändler ihren Fang in Modellen mit Kühlaufbauten. Um die Räder preiswert, die Transportkosten niedrig und die Lieferwege kurz zu halten, ist er auch in Österreich und Dänemark mit einer Manufaktur vertreten.

Wolfers sperrt die Tür zum Geschäft jetzt ab, denn er will den Keller zeigen. Er ist allein in dem Geschäft heute. Und wenn er hinunter geht, kann niemand auf den Laden aufpassen. Im Untergeschoss steht eine CNC-Fräse, mit der die Aluminium-Bauteile für die Räder zugeschnitten werden. Auch ist dort Platz für die Montage. Selbst fräst und montiert er selten. Teilweise machen das Angestellte, teilweise bietet er Workshops an, bei denen die Räder von den Kunden selbst zusammengebaut werden.

Er glaubt fest an seine Vision von der autofreien Stadt: Für ihn sind Diesel-Skandale und Fahrverbotszonen nur die Vorboten eines Lebens ohne Abgase, Autolärm und Verkehrstote.

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