Erfreulich undreißig

Das Label Buback Records feierte eine Party in Hamburg

Diese Geschichte ließe sich auch als die eines Verfalls erzählen: Da feiert Buback Records, ein im Geiste des Punk – des anpolitisierten obendrein – gegründetes Plattenlabel, dass es 30 Jahre existiert. 30 Jahre, war da nicht mal was? Mit nicht mehr trauen und so? Eben. Und so ließe sich dieser Abend also auch lesen als einer des Angekommenseins in der Normalität, mit Menschentrauben vor dem Eingang des Uebel & Gefährlich, des angesagtesten Schuppens der Stadt, meterlangen Gästelisten und verschiedenfarbigen Armbändern, je nach Backstage-Zugangs- und Freigetränke-Klassenzugehörigkeit.

Aber den Abend eröffnet dann eben auch ein ganz schön grau gewordener Kris­tof Schreuf, mit der Band Kolossale Jugend im ersten Abschlussjahrgang dessen, was später Hamburger Schule hieß. Schreuf, den Hamburg längst an Berlin verlor, war in Bestform: murrte über all das Equipment, mit dem die Bühne vollstand, als sei man auf einem Pink-Floyd-Albumcover. Gitarre spielte er auch und sang und sprach vom Elend heterosexueller weißer Rockmänner mit Gitarren (und Identitätssproblemen).

Schlüssel des Erfolgs

An vielen im Publikum gingen solche Ausführungen wohl vorbei, denn es waren viele zum Mitfeiern gekommen, die vor 30 Jahren noch nicht auf der Welt waren. Genau das aber ist wohl auch ein Schlüssel zu dem relativen Buback-Erfolg: sich erneuert zu haben, ohne den Glauben, das Alte demonstrativ meucheln zu müssen. Ein wenig zerfiel der Abend so in zwei Hälften. Zunächst gab es einen Überhang an Gitarren, gerne auch mit weißen Männern dran: Ja König Ja spielten und die Goldenen Zitronen (aber auch Gitarrenfreies wie die grundguten Schnipo Schranke). Die „Goldies“, deren frühe Fun-Punk-Erfolge die Buback-Gründung damals überhaupt möglich gemacht hatten, begleiteten für ein Stück den als Special Guest angekündigten Jochen Distelmeyer (Blumfeld); das hatte dann schon fast etwas von einem Klassentreffen.

Nach einer längeren Umbaupause erinnerte das Festprogramm dann daran, wie wichtig Buback auch als Inkubator für den HipHop im Land war. Einerseits ließ da B-Low, einst Teil des Duos Digger Dance, die Handvoll glorreicher Jahre des Rapstandorts Eimsbüttel aufscheinen. Andererseits zeigten Zugezogen Maskulin, Sookie oder die umwerfenden Chefboss, wie das heute geht: Arschwackelmusik mit Anspruch auf Breitenwirkung.

Auch wenn es eine erfreulich unnostalgische Veranstaltung war: Als am Ende die Beginner, dieses vielleicht erfolgreichste Gewächs aus dem Buback-Inkubator, ihren Hit „Füchse“ anstimmten, hatte das doch nicht zuletzt etwas zutiefst Rührendes. Alexander Diehl