press-schlag: In der Zauderzone
Unerbittlich tickt die Uhr herunter, sodass Jürgen Klinsmann die Zeit bis zur Weltmeisterschaft weglaufen könnte
Acht Länderspiele stehen für das DFB-Team bis zur WM noch an. Am Mittwoch reist Südafrika nach Bremen. Später wird man sich mit den Türken, Chinesen, den Japanern und US-Amerikanern messen. Von den Großen der Zunft warten Frankreich und Italien. All dies sind Freundschaftsspiele, also Matches, die eigentlich nur eine Halbzeit haben. Nach der Pause wandelt sich das Bild der Teams meist völlig. Das Schema des Spiels verändert sich, weil der Gegner seine Cracks schont oder neue Varianten testet. In ein paar Halbzeiten eine Mannschaft WM-fähig zu machen, ist Jürgen Klinsmanns erster Auftrag – eine Sisyphosarbeit. Reichen die paar Länderspiele aus, das zu schaffen?
Die Zeit wird knapp. Bewegte sich das Team während des Confed-Cups noch auf der Höhe der Zeit, so ist es nun in graue Vorzeiten zurückgefallen. Es besitzt nur zwei Weltklassespieler, Michael Ballack und Oliver Kahn, und einer davon fehlt in jedem zweiten Match. Spielt Ballack schlecht, gerät das Fundament ins Rutschen. Ballack umgeben Rollenspieler wie Ernst oder Schneider – zudem Nachwuchskräfte. Erfüllen die Rollenspieler mit Hilfe eines Souffleurs ihre Aufgaben noch halbwegs, so sind die Ornamente des Jugendstils brüchig. Die kickenden Volontäre leiden nach der Mini-WM an Labilität.
Andere Akteure müssen auf artfremdem Terrain Dienst tun – in der ganz persönlichen Zauderzone. Kapitän Ballack sieht nun dringenden Gesprächsbedarf. Jürgen Klinsmann ortet dagegen nur „Rhythmusprobleme“; noch blieben ja neun Monate Zeit. Trotzdem: Der Countdown tickt. Unerbittlich. Und dieser Rhythmus dürfte dem Bundestrainer im Kopf dröhnen.
MARKUS VÖLKER
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