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Kommentar von Claudius Prößer zum MobilitätsgesetzImmer wieder Frust beim Kampf um die Straße

Claudius Prößer

ist Redakteur für Verkehr und Umwelt

Wäre auch zu schön gewesen, wenn das Berliner Mobilitätsgesetz auf den letzten Metern stabil in die Beschlussfassung gerollt wäre. Stattdessen hakt es jetzt wieder im parlamentarischen Prozess – und nicht weil die Opposition dem vielleicht wichtigsten Projekt der rot-rot-grünen Legislatur einen Knüppel zwischen die Räder geworfen hätte (das kann sie gar nicht). Stattdessen ist sich die SPD plötzlich ihrer Sache nicht mehr so sicher: Sollte man nicht doch auch die Autofahrer ins Boot holen? Verprellt man nicht anderenfalls einen Gutteil der eigenen, ohnehin nicht mehr so üppigen Klientel?

Dass Verkehrspolitiker der Koalition – wie Harald Wolf von der Linken – jetzt beschwichtigen und die Verabschiedung des Gesetzes vor der parlamentarischen Sommerpause überhaupt nicht gefährdet sehen, ist verständlich. Genauso verständlich wie der Frust der Berliner RadaktivistInnen, die gleich zur Spontandemo am Donnerstagabend trommelten: Sie haben nun wirklich schon sehr, sehr lange warten müssen, bis die Politik ihr Anliegen überhaupt ernst genommen und dann auch noch in eine Rechtsform gegossen hat.

Ihrem Vorwurf an die Sozialdemokraten, die Arbeit am Gesetzentwurf sei weiß Gott transparent genug gewesen, um von einem fehlenden Auto-Kapitel nicht überrascht zu werden, müssen die erst mal Argumente entgegensetzen. Können sie aber wahrscheinlich nicht. Es geht ihnen ganz offensichtlich um ein bisschen (klein)bürgerliche Profilierung, jetzt, wo die Umfragewerte mal wieder auf ein historisches Tief gefallen sind.

Bei alledem sollte man nicht vergessen: Der eigentliche Kampf um die Straße hat noch gar nicht begonnen. Der geht tatsächlich erst los, wenn das Gesetz und die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen fertig sind und in den Bezirken Fahrbahn für Fahrbahn um sichere und komfortable Radwege gefochten werden muss. Da werden sich alle Beteiligten warm anziehen müssen.

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