KURZKRITIK: ANDREAS SCHNELL ÜBER „HAMLET“: Der Rest ist Reden
Kaum zwei Stunden braucht der neue Bremer Hausregisseur Alexander Riemenschneider für den „Hamlet“. Dafür geht natürlich einiges über Bord: zum Beispiel die Episode mit Fortinbras, der bei Shakespeare ein Dänemark erbt, dass sich gleichsam selbst enthauptete. Da hat Hamlet, nachdem er lange die großen Fragen von Schuld und Sühne gewälzt, seinen Vater zwar endlich abgemurkst, überlebt es aber selbst nicht. Beim Bremer „Hamlet“ ist die Sache damit allerdings nicht ausgestanden: Was bei Shakespeare sich in der Regentschaft des Fortinbras andeutet, eine neue Zeit vielleicht, fehlt. Stattdessen lässt Riemenschneider den Prinzen weiter räsonieren, wie ein Loop, der schon zu Beginn angelegt ist, denn Hamlets letzter Monolog ist auch der erste dieses Abends. „Der Rest ist Schweigen“? Von wegen. Dieser Hamlet hört sich gern selbst reden und schreckt nicht mal davor zurück, als Jesus aufzulaufen. Rimma Starodubzevas Bühne ist für diese anregende Hamlet-Lesart adäquater Hintergrund: Da türmen sich Teddybärchen, Luftballons und Kondolenzbriefe wie am Grabe eines Superstars, der ja gleich Hamlet von der Überhöhung lebt, dessen Größenwahn Nikolai Plath hier mit Charme und Tempo herausarbeitet. Und auch der Rest des Ensembles darf glänzen. So darf’s im Schauspiel weitergehen.
Nächste Vorstellung: Samstag, 20 Uhr, Kleines Haus
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