piwik no script img

Psychologin über Gleichberechtigung„Neue Normen und Zwänge“

Die Psychologin Sandra Konrad hat darüber geschrieben, wie frei Frauen heute sind und wie gleichberechtigt – und wie wenig sexuelle Freiheit Selbstbestimmung bedeutet

„Tabu, Grenzen zu setzen“: die Hamburger Psychologin Sandra Konrad Foto: Miguel Ferraz
Interview von Carola Ebeling

taz: Frau Konrad, „die Frau als sexuell selbstbestimmtes Wesen“, schreiben Sie, „ist eine Fata Morgana“. Wie meinen Sie das?

Sandra Konrad: Wenn eine Frau sich heute sexuell selbstbestimmt verhält und dann eine Grenzverletzung stattfindet, wird ihr Verhalten hinterfragt und kritisiert, nicht das des Mannes. Eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der EU-Kommission zeigt, dass knapp 30 Prozent der Europäer*innen sagen, dass nicht einvernehmlicher Sex in bestimmten Situationen akzeptabel sei.

Welche Situationen sind das?

Wenn die Frau „zu sexy“ gekleidet war, wenn sie freiwillig zu jemandem nach Hause gegangen ist, wenn sie in der Vergangenheit viele Sexualpartner*innen hatte oder wenn sie was getrunken hatte. Das ist alles Victim-Blaming. Dem Opfer wird Schuld zugeschoben, der Täter bleibt erst mal unbehelligt.

Im Interview: Sandra Konrad

43, ist Diplom-Psychologin und Buchautorin. Seit 2001 arbeitet sie als Systemische Einzel-, Paar-, und Familientherapeutin in Hamburg.

Ihr Buch „Das beherrschte Geschlecht. Warum sie will, was er will“ ist erschienen bei Piper (384 S., 24 Euro).

Sandra Konrad im Gespräch mit Jutta Heinrich: So, 6.5., 17 Uhr, Literaturhaus. Anmeldung erbeten: ☎ 040/ 227 92 03, lit@lit-hamburg.de.

Sie unterscheiden Freiheit von Selbstbestimmung.

Sexuelle Freiheit ist das, was die Gesellschaft uns erlaubt. Sexuelle Selbstbestimmung ist, wie wir diesen Raum ausfüllen. Wir sprechen gern von sexueller Befreiung. Viele vergessen, dass damit neue Normen und Zwänge einhergehen, die wir heute in der extremen Sexualisierung der Frau sehen. Sexuelle Selbstbestimmung wäre für mich, wenn Frauen genauso gut Ja wie Nein sagen könnten, und wenn sie für keins von beiden beschämt oder bestraft würden.

Warum das Buch?

Es gab nicht diesen einen auslösenden Moment. Das waren vielmehr Beobachtungen im Alltag. Zum Beispiel, wie geschmeidig Frauen über Sexismus hinweggehen, weil sie nicht als zickig gelten wollen. Oder wie Frauen zum Schweigen gebracht werden: indem man sie nicht ernstnimmt, sie als sexuell unattraktiv bezeichnet, wenn sie eine unbequeme Meinung vertreten, oder ihnen mit Gewalt droht, wie es Netzfeministinnen im Internet erleben. Das macht mich wütend und traurig zugleich.

Sind Sie bei der Recherche auch auf Abwehr gestoßen?

Ja. In meinem Bekanntenkreis wehrten viele Frauen das Thema Gleichberechtigung als erledigt ab. Wenn ich sie dann fragte, warum das Älterwerden für Frauen oft schlimmer sei als für Männer oder ob sie schon mal eine sexuelle Grenzverletzung erlebt hatten, ebbte der Protest ab.

Wie reagierten die Männer?

Sie fühlten sich teils persönlich angegriffen, reagierten mit Wut, wenn ich mit ihnen über die 2000-jährige Geschichte der Beherrschung der Frau sprach. Es hat mich immer wieder geärgert, dass man Fakten über die Zusammenhänge zwischen Sex, Geschlecht und Macht liefern kann – und die will niemand hören. Da habe ich gedacht, ich arbeite das mal genau heraus – ausgehend von jenen Epochen, in denen Männer das herrschende Geschlecht waren, bis in die Gegenwart, in der Frauen verinnerlicht haben, was von ihnen erwartet wird.

Ihre zentrale These.

Ja. Aus männlicher Herrschaft wurde weibliche Selbstbeherrschung, aus gesellschaftlichen Forderungen wurden weibliche Wünsche.

Haben Sie auch Erfahrungen aus Ihrer Arbeit als Psychotherapeutin verarbeitet?

Meine vorherigen Bücher über das emotionale Erbe in Familien und Beziehungsmythen sind stark mit meiner therapeutischen Arbeit verknüpft. Die Zitate meines aktuellen Buchs stammen aus Interviews mit Frauen, die nicht meine Klientinnen waren. Allerdings haben mich die Aussagen an junge Klientinnen der letzten Jahre erinnert. Da war oft Thema, wie schwierig es ist, bei all den Normen eigene Bedürfnisse zu erkennen und dazu zu stehen.

Inwiefern?

Vielen jungen Frauen scheint es leichter zu fallen, sich den Bedürfnissen des Mannes anzupassen, als individuelle Grenzen zu setzen, wenn sie etwas nicht mögen. Und oft kennen sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht sehr gut. Freud hat ja vor über 100 Jahren gefragt: Was will das Weib? Und was weibliches Begehren betrifft – da gibt es noch immer so viele Fragezeichen.

Sie haben mit 70 Frauen gesprochen, 18 bis 45 Jahre alt.

Meine Kernfrage war, wie frei und sexuell selbstbestimmt können Frauen heute leben. Da waren besonders die Frauen zwischen 18 und 30 wichtig, deren Erfahrungen ganz andere sind als meine: Wie ist es, in einer Zeit aufzuwachsen, in der man mittels Pornografie aufgeklärt wird? In der Sex einen so hohen Stellenwert hat, aber ihm oft keine emotionale Bedeutung beigemessen wird. Wie ist es, wenn alle sagen, wir sind gleichberechtigt und pa­rallel Alltagssexismus, Frauenfeindlichkeit und sexualisierte Gewalt alltäglich sind?

Wie sprechen die heute 20-Jährigen über Sexualität?

Viel freier als zu meiner Zeit. Überrascht hat mich dann aber diese Diskrepanz: Alle sahen sich als sexuell selbstbestimmt. Gleichzeitig erzählten sie, dass sie sich den Wünschen des Mannes anpassten, auch gegen eigenes Unbehagen – jedenfalls bei Gelegenheitssex. In verbindlichen Beziehungen entwickelt sich das oft gleichberechtigter. In unverbindlichen Beziehungen aber war es wichtiger, dem anderen zu gefallen, als sich selbst gut zu fühlen und eigene Bedürfnisse zu formulieren.

Die neuen Normen, die mit der sexuellen Freiheit einhergehen.

Ja. Frauen sollten in der Vergangenheit passiv und sexuell desinteressiert sein. Die ideale Frau von heute soll sexuell aktiv sein und Gefühle und Sex säuberlich trennen. Frauen dürfen alles, aber sie sollen bitte auch alles.

Und überschreiten daher eher ihre eigenen Grenzen?

In der Tat besteht das Tabu heute darin, Grenzen zu setzen. Ich hatte in meinen Zwanzigern nicht das Gefühl, dass ich das nicht darf. Ich finde es wunderbar, dass Frauen heute Sex genießen können, ohne irgendwelche Treueschwüre leisten zu müssen. Viele junge Frauen trauen sich aber im Umkehrschluss kaum zu sagen, wenn bei ihnen Gefühle ins Spiel kommen. Das gilt als uncool, abhängig.

Schon im Studium haben Sie sich mit den Biografien von Prostituierten befasst, auch im Buch ist Prostitution Thema.

Prostitution lehrt uns als Gesellschaft, dass die Frau eine Ware, dass der weibliche Körper käuflich ist und dass der Mann über Geld die Macht hat. Die ganzen Ausbeutungs- und Gewaltprozesse, die in der Prostitution laufen, werden geleugnet. Man hört immer wieder die gleichen Argumente: dass es immer schon so war. Dass es sonst mehr Vergewaltigungen geben würde. Und die Mythen von der Happy Whore, der glücklichen Hure, die ihr Hobby zum Beruf macht.

Was halten Sie von den Diskussionen um die selbstbestimmte Sexarbeiterin?

Wenn diese liberale Haltung an Ignoranz und Empathielosigkeit grenzt, macht es mich wütend. Es gibt ja Studien darüber, und viele Gespräche mit ehemaligen Prostituierten – auch ich habe welche geführt – belegen es: Gewalt und Traumatisierung sind an der Tagesordnung. Auch Zahlen helfen da immer ganz gut: Expert*innen schätzen, dass 60 bis 90 Prozent Zwangsprostituierte sind. Die selbstbestimmte Studentin, die sich nebenbei was verdient, liegt bei ungefähr zwei Prozent.

Promoviert haben Sie über die Weitergabe von Schoah-Traumata durch jüdische Frauen. Was hat Sie daran interessiert?

Als ich 2006 promovierte, stieß auch dieses Thema auf Abwehr. Gerade in Deutschland hieß es oft: Das ist doch alles vorbei. Aber es ist eben nichts vorbei, weil die Geschehnisse nicht verarbeitet werden konnten. Inzwischen ist das Phänomen der transgenerationalen Weitergabe von Traumata auch jenseits der Fachwelt viel bekannter.

Was verbindet Ihre Arbeiten miteinander?

Mich interessiert immer: Wie werden wir so, wie wir sind? Welchen Einflüssen sind wir ausgesetzt? Welche Auswirkungen hat Gewalt? Das bedeutet auch, dass ich mir die abgespaltenen Schattenseiten unserer Realität und Sozialisation ansehe. Ich möchte das ganze Bild sehen. Ich will wissen: Wie frei sind wir wirklich?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • "Expert*innen schätzen, dass 60 bis 90 Prozent Zwangsprostituierte sind. Die selbstbestimmte Studentin, die sich nebenbei was verdient, liegt bei ungefähr zwei Prozent."

     

    Welche Expertinnen sollen das sein, die solche Zahlen bringen? Alice Schwarzer?

    Hier werden offenbar wieder alle Armutsprostituierten pauschal zu Zwangsprostiuierten umgemünzt. Propaganda der übelsten Sorte, noch dazu zum Schaden der Armutsprostiuierten!

  • "Prostitution lehrt uns als Gesellschaft, dass die Frau eine Ware, dass der weibliche Körper käuflich ist und dass der Mann über Geld die Macht hat."

     

    Abolotionistischer Schwachsinn. Die Frau wird in der Prostitution nicht gekauft, sonst könnte der Freier sie ja behalten. Diese schwachsinnige Wortwahl wird nur deshalb verwendet um irgendwie einen - falschen - Zusammenhang mit Sklaverei herzustellen.

     

    "Die ganzen Ausbeutungs- und Gewaltprozesse, die in der Prostitution laufen, werden geleugnet."

     

    Auch das ist eine Lüge. Die nachgewiesenen Straftaten werden von niemandem geleugnet. Aber die Propaganda der Abolotionisten und den Sex & Crime-Quatsch der Boulevardpresse darf man sehr wohl anzweifeln.

     

    "Man hört immer wieder die gleichen Argumente: dass es immer schon so war."

     

    Was es auch. Die Prostitution ist älter als die Menschheit selbst, sie kommt bereits in der Natur vor.

     

    "Dass es sonst mehr Vergewaltigungen geben würde."

     

    Das ist ein Uralt-Argument das heute kaum noch einer bringt. Putzigerweise kam das Argument aus der konservativen Ecke - diejenigen also die heute auf Seiten der Abolotionisten stehen...

     

    "Und die Mythen von der Happy Whore, der glücklichen Hure, die ihr Hobby zum Beruf macht."

     

    Strohmann-Argument. Es bestreitet doch keiner ernsthaft das Prostituierte es nur zum Gelderwerb machen und nicht als "Hobby" angefangen haben. Frau Konrad outet sich mit ihren Statements als Abolotionistin der plattesten Sorte.

    "Es gibt ja Studien darüber,"

     

    Meint sie die voreingenommenen und methodisch schlechten Studien von Farley? Oder die von Ingeborg Krauss?

     

    "und viele Gespräche mit ehemaligen Prostituierten – auch ich habe welche geführt – "

     

    Frau Konrad kann nicht mit vielen Prostituierten gesprochen haben und sie weiß auch nicht ob das wirklich echte Prostituierte waren. Es gibt ja auch so Fakes wie "Lisa Heller" oder "Rachel Moran".

     

    "Gewalt und Traumatisierung sind an der Tagesordnung."

     

    Behauptung ohne Beleg.

  • "Wie ist es, wenn alle sagen, wir sind gleichberechtigt und parallel Alltagssexismus, Frauenfeindlichkeit und sexualisierte Gewalt alltäglich sind?"

     

    Wie ist es, wenn wir alle sagen, wir sind gleichberechtigt, aber alle gefährlichen Berufe werden immer noch hauptsächlich von Männern ausgeübt und nur Männer unterliegen der Wehrpflicht?

     

    "Gleichzeitig erzählten sie, dass sie sich den Wünschen des Mannes anpassten, auch gegen eigenes Unbehagen – jedenfalls bei Gelegenheitssex."

     

    Sex wird also eingesetzt um jemand anderen zu gefallen - und das ist nicht legitim?

    Es ist doch offensichtlich das Frauen so etwas machen weil sie sich erhoffen so den Mann an sich binden zu können.

     

    "Die ideale Frau von heute soll sexuell aktiv sein und Gefühle und Sex säuberlich trennen. Frauen dürfen alles, aber sie sollen bitte auch alles."

     

    Auch nur wieder Behauptungen.

  • Aus männlicher Herrschaft wurde weibliche Selbstbeherrschung, aus gesellschaftlichen Forderungen wurden weibliche Wünsche.

     

    Wenn man die Sache so irre dreht, kann die Frau ja nie aus der "Herrschaft des Patriachats" entkommen: Entweder sie wird geknechtet, oder sie versklavt sich freiwillig.

     

    "Vielen jungen Frauen scheint es leichter zu fallen, sich den Bedürfnissen des Mannes anzupassen, als individuelle Grenzen zu setzen, wenn sie etwas nicht mögen."

     

    In einer Beziehung müssen sich beide aneinander anpassen. Das bedeutet auch das Beide mal etwas machen, was sie nicht mögen. So etwas macht man aus Liebe. Ich habe z.B. auch jahrelang aus Liebe Dinge mitgemacht, die ich ganz und gar nicht mochte - und das meiner Partnerin zuliebe. Es ist sexistisch so zu tun als treffe dieses Anpassungsproblem nur Frauen.

     

    "Und oft kennen sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht sehr gut."

     

    Aber Frau Konrad kennt die Bedürfnisse besser?

     

    "Wie ist es, in einer Zeit aufzuwachsen, in der man mittels Pornografie aufgeklärt wird?"

     

    Frau Konrad reitet also auf der Welle der Konservativen mit, die immer gerne den "Jugendschutz" vorschieben, wenn sie in Wahrheit die "öffentliche Moral" verteidigen wollen.

     

    "In der Sex einen so hohen Stellenwert hat, aber ihm oft keine emotionale Bedeutung beigemessen wird."

     

    Das dem Sex "oft" keine emotionale Bedeutung beigemessen wird ist schlicht eine unbeweisbare Behauptung. Aber selbst wenn: Ist es schlimm Sex nur zum Vergnügen zu haben ohne sich irgendwie an jemanden binden zu wollen?

  • "In meinem Bekanntenkreis wehrten viele Frauen das Thema Gleichberechtigung als erledigt ab. Wenn ich sie dann fragte, warum das Älterwerden für Frauen oft schlimmer sei als für Männer oder ob sie schon mal eine sexuelle Grenzverletzung erlebt hatten, ebbte der Protest ab."

     

    Ach ja: Das musste wieder kommen: Die bösen Männer. Und warum eigentlich soll Älterwerden für Frauen schlimmer sein als für Männer?

     

    "Sie fühlten sich teils persönlich angegriffen, reagierten mit Wut, wenn ich mit ihnen über die 2000-jährige Geschichte der Beherrschung der Frau sprach."

     

    Das ist ja auch schlicht Schwachsinn heutige Männer pauschal zu einer Art "Tätergeschlecht" zu erklären nur weil in der Vergangenheit meist Männer an der Macht waren.

     

    "Es hat mich immer wieder geärgert, dass man Fakten über die Zusammenhänge zwischen Sex, Geschlecht und Macht liefern kann – und die will niemand hören."

     

    Vielleicht ist auch das was Frau Konrad da liefert nur in ihrer Phantasie "Fakten".

     

    "Da habe ich gedacht, ich arbeite das mal genau heraus – ausgehend von jenen Epochen, in denen Männer das herrschende Geschlecht waren, bis in die Gegenwart, in der Frauen verinnerlicht haben, was von ihnen erwartet wird."

     

    Ja ja, eine "Kriminalgeschichte des bösen Mannes", ein Sammeln von Einzelfällen des bösen Geschlechts... ähnliches Vorgehen wie von Rechtpopulisten gegen Migranten...

  • "Sexuelle Freiheit ist das, was die Gesellschaft uns erlaubt."

     

    Und Frau Konrad hetzt am Ende des Interviews gegen diese sexuelle Freiheit, mit ihren pauschalen Abwertungen der Prostitution.

     

    "Sexuelle Selbstbestimmung ist, wie wir diesen Raum ausfüllen."

     

    Frau Konrad spricht weiblichen Prostituierten diese Selbstbestimmung ab.

     

    "Wir sprechen gern von sexueller Befreiung. Viele vergessen, dass damit neue Normen und Zwänge einhergehen, die wir heute in der extremen Sexualisierung der Frau sehen."

     

    Das die Frau heutzutage einer "extremen Sexualisierug" ausgesetzt sei, ist auch nur so eine steile Behauptung.

     

    Sexuelle Selbstbestimmung wäre für mich, wenn Frauen genauso gut Ja wie Nein sagen könnten, und wenn sie für keins von beiden beschämt oder bestraft würden."

     

    Keiner kann zu allem Ja oder Nein sagen ohne irgendwie von anderen bewertet zu werden.

     

    Zum Beispiel, wie geschmeidig Frauen über Sexismus hinweggehen, weil sie nicht als zickig gelten wollen.

     

    Vielleicht ist es auch nicht jeder dumme Spruch wert das frau sich damit lange befasst. Nicht jeder muss bei dem Thema so verkrampft sein wie Frau Konrad.

    Von Männern wird übrigens seit ewigen Zeiten verlangt männerfeindlichen Sexismus hinzunehmen. Noch immer liegt die Wehrpflicht allein bei Männern.

     

    "Oder wie Frauen zum Schweigen gebracht werden: indem man sie nicht ernstnimmt, sie als sexuell unattraktiv bezeichnet, wenn sie eine unbequeme Meinung vertreten, oder ihnen mit Gewalt droht, wie es Netzfeministinnen im Internet erleben."

     

    Aber sind es nicht gerade die Radikalfeminstinnen, auch vertreten unter den Netzfeministinnen, die Frauen zum Schweigen bringen wollen indem sie sie nicht ernst nehmen? In der Debatte um Prostitution wird den Prostituierten von Radikalfeministinnen wiederholt abgesprochen sich äußern zu dürfen, weil sie nur eine priviligierte Minderheit oder traumatisiert seien usw.

  • "Wenn eine Frau sich heute sexuell selbstbestimmt verhält und dann eine Grenzverletzung stattfindet, wird ihr Verhalten hinterfragt und kritisiert, nicht das des Mannes."

     

    Seltsamerweise kritisiert und hinterfragt Frau Konrad am Ende des Interviews genau jene sexuell selbstbestimmte Frauen die mit Prostitution ihr Geld verdienen. Damit wiederspricht sie sich. Sexuelle Selbstbestimmung ja, aber nur so lange wir im allgemein akzeptierten bürgerlich-konservativen Rahmen bleiben?

     

    "Eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der EU-Kommission zeigt, dass knapp 30 Prozent der Europäer*innen sagen, dass nicht einvernehmlicher Sex in bestimmten Situationen akzeptabel sei."

     

    Wie ein anderer geschätzter User bereits aufdeckte war die Fragestellung in der Umfrage unglücklich und es waren nur 27%.

    Es zeigt recht deutlich was für eine Stimmungsmache Frau Konrad betreiben will wenn sie das verschleiert.

     

    "Wenn die Frau „zu sexy“ gekleidet war, wenn sie freiwillig zu jemandem nach Hause gegangen ist, wenn sie in der Vergangenheit viele Sexualpartner*innen hatte oder wenn sie was getrunken hatte. Das ist alles Victim-Blaming."

     

    Hmm.... zu sexy angzogen, zuviele Sexualpartner... das trifft ja auch auf Prostituierte zu. Betreibt nicht auch Frau Konrad am Ende des Interviews somit Victim-Blaming, wenn sie behauptet die Prostituierten seien alles Opfer - und das dann wohl, dieser Argumentation folgend, zu recht, warum begeben sie sich auch in die Prostitution obwohl sie doch wissen müssen (dank Frauen wie Frau Konrad) welche Hölle das ist?

  • Mädels, salopp gesagt ändert sich an den im Buch besprochenen Verhältnissen nur etwas, wenn ihr endlich aus der Selbstmitleid Ecke herauskommt und euch engagiert. Egal was war, egal was ist, kümmert euch um das was wird und hört vor allem auf, das Thema bis zum erbrechen zu sezieren und Gründe zu finden, warum ihr immer noch nicht so könnt wie ihr wollt. Ja, die Jungs sind wohl ziemlich schuld an der Misere, das wissen wir ja zur Genüge, aber das eigentliche Problem kann Stand heute, nur noch Euer eigener Einsatz retten.

  • Einige gute Aspekte, wobei ich aus meiner Wahrnehmung noch einen hinzufügen möchte: Frau ist sehr oft zu 100% auf ihren Partner fixiert und mehr bereit hinzunehmen, was ihr eigentlich zuwider ist. Die Leichtfertigkeit des Mannes in der Treue wird ihm von Frauen eher eingeräumt und weniger nachgetragen. Ein sicheres Zeichen, dass eher der Mann der Untreue, ob ipsa natura oder anerzogen, anheim fällt, ist die Prostitution, die im Gro in eine Richtung stattfindet. Um diese Angst und Eigenschaft der Frau weiß der Mann und stellt Forderungen in Machtanspruch und Mitbestimmung in der sexuellen Attraktivität seiner Frau.

     

    Zweiter Aspekt: Die Frau misstraut der Frau, weil diese um die Gefahr weiß, ihr Mann steht zur Disposition. Es findet also ein Selbstgeißelung statt, die Mann sicher auszunutzen weiß. Der weibliche Opfereismus darin ist der einzige Trost, wenn auch ein sehr bitterer.

     

    Das klingt sicher biologistisch, doch: Vertausche Frau mit Mann und ich meine, Obiges hat viel weniger Gültigkeit.

    Untermauern lässt sich dies zudem damit, dass die Frau empfängt und das nur für eine beschränkte Zeit ihres Lebens. Für diese wird sie sich der existenziellen Sicherheit gewiss sein wollen. Und auch für die Zeit danach steht die Frau dem immer noch potenten Mann gegenüber. Daraus resultiert ihr Defizit, solange existenzielle Sicherheit nicht von der Gesellschaft/ des weiteren Familienkreises gewährleistet ist und dies nicht von patriarchal- traditionellen Motiven herrührt.

    Die Frau will ich dabei nicht als Opfer einer immer noch vom Mann dominierten Umwelt verstanden wissen, sondern als eine ihrer eigenen Fügsamkeit und dadurch Miterhalterin des bestehenden Systems Männerdominanz.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Sofern Sie auf eigene oder beobachtete Erfahrungen und Erlebnisse rekurrieren, so kann ich dem nur entgegnen, dass meine ganz anders aussehen. Eine zu hundert Prozent auf ihren Partner fixierte Frau habe ich n i e m a l s erlebt. Das hätte ich auch nie gewollt.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Nach meinen Erfahrungen und ja eigentlich auch faktisch ist das so. Folgendes noch dazu: etwa 70 % aller Trennungen werden von Frauen vollzogen. Man weiß aber auch, dass die Frau zwar sehr konsequent aber nach sehr langer Duldung der aus ihrer Sicht Missstände darin handelt. Die Fixierung auf den einen Mann wird m.E. dadurch deutlich, dass die Frau Verwerfungen bis zum bitteren Ende versucht zu kaschieren. Hat sie einen neuen Mann kennengelernt, geht alles ganz schnell. Für einen Mann ist da "doppelte Haushaltsführung" eher unproblematisch. Die Fixierung bezieht sich also auf die Treue und die Bereitschaft auszuhalten, nicht auf die Flirtspiele des Alltags, die nur der Messung der Attraktivität dienen sollen.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @lions:

          Geschätzte Mitstreiterin, angesichts Ihres apodiktischen "faktisch ist das so" frage ich mich, ob meine eigenen Erfahrungen überhaupt stattgefunden haben. Die von Ihnen geschilderte Kaschierung von Verwerfungen bis zum bitteren Ende (vermutlich aus Scham) sind mir aus meinen Erfahrungen gänzlich unbekannt. Eher das Gegenteil: öffentliche und halb-öffentliche Anklagen. Die Bereitschaft der Partnerin zum Aushalten habe ich nicht erlebt.

           

          Ob ich das gut oder schlecht finden soll, weiß ich noch nicht.

  • Sachlich und intrinsisch selbstbewusst - so kenne ich den Feminismus, und schön mal wieder von einer ihrer Vertreterinnen zu lesen.

  • 9G
    96830 (Profil gelöscht)

    30% der Menschen soll offen angegeben haben, dass sie Vergewaltigungen in Ordnung finden? Das klingt irgendwie zu krass, um wahr zu sein, und dem ist auch so.

    Ein kurzer Blick in die Studie zeigt, dass die genaue Frage so lautet:

    "Es gibt Personen, die finden, dass Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung unter bestimmten Umständen gerechtfertigt ist. Glauben Sie, dass dies auf folgende Situationen zutrifft?"

    Die Frage ist extrem schlecht formuliert und mehrdeutig, und eine Menge Leute werden vermutlich geantwortet haben, was sie glauben was *andere* Menschen dazu denken.

     

    (Außerdem sind es nicht 30%, sondern 27.)

    • @96830 (Profil gelöscht):

      Ich kenne einige Leute die es in Ordnung finden eine Frau mit Alkohol "gefügig" zu machen. Die Clubs sind voll davon. Das dies unter die Vergewaltigung fällt, wenn das betreffende Mädel ihrer Handlungen nicht mehr bewusst ist, wissen allerdings die wenigsten. Und auch Sprüche wie: "Schau mal die geile Alte da, die will bestimmt mal richtig ge**** werden!" Habe ich auch mehr als zu oft gehört. Weniger im universitären "Ach wie ist die Welt so heile" Umfeld, mehr in Industrie und Handwerk. Aber für einige Taz-leser liegt diese Welt ja geradezu im Mhythenbereich.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Sven Svarson:

        Die meisten von uns greifen auf Erfahrungen oder Berichte aus dem eigenen sozialen Umfeld zurück. Weil es bekannt und erkannt ist. Mit Mythen hat die Welt außerhalb des Bekannten herzlich wenig zu tun.

      • 9G
        96830 (Profil gelöscht)
        @Sven Svarson:

        Sie tun so als ob ich geschrieben hätte, dass es solche Menschen gar nicht gäbe. Habe ich aber nicht mit einer einzigen Silbe.

        Es geht einzig um die extrem hohe Zahl, und jeder dritte, vierte Mensch ist einfach nur absurd. Wenn man bedenkt, dass Männer häufiger Vergewaltigen als Frauen wäre man damit ja bei sowas wie der Hälfte aller Männer.

        Und diese Zahl klingt nicht nur absurd, sie lässt sich auch aus der Studie überhaupt nicht herauslesen.

  • "Ich will wissen: Wie frei sind wir wirklich?"

     

    Wie wäre es denn, einen Schritt vorher anzufangen? Wie wäre es, nicht zu fragen, wie frei "wir" sind, sondern zu fragen: "Wie frei bin ich?"

     

    Vermutlich wäre es ziemlich schmerzhaft. "Noch immer ziemlich unfrei", müsste die Antwort nämlich lauten. Autsch!

     

    Da wird dann doch lieber nach einem ideologisch aufgeladenen "wir" gefragt, das es - wie Psycholog*Innen wissen könnten - zwar in der Realität nicht gibt und auch nicht geben kann, das dafür aber aus lauter Leuten besteht, die nicht allein und auch nicht hilflos sein wollen. Weshalb sie viele schlaue Bücher kaufen. Womit sie der Autorin das sicherlich gute Gefühl geben, nicht alles völlig falsch gemacht zu haben.